Plötzlich aufgerissene Autotüren sind der Alptraum jedes Fahrradfahrers. Die dadurch verursachten Unfälle können schlimme Folgen haben. Verschiedene Maßnahmen sollen ihnen...
Frankfurt/Main (dpa/lhe) - . Die Tür des Transporters öffnete sich unerwartet - und Falko Görres stürzte von seinem Fahrrad. Bei dem Unfall durch „Dooring“, also eine sich plötzlich öffnende Autotür, wurde der Frankfurter Kommunalpolitiker vor einigen Jahren verletzt. Eine Zeit lang steckte ihm die Erfahrung noch in den Knochen, wie Görres berichtet. Über die Jahre habe es zudem zahlreiche ähnliche Situationen gegeben, die gerade noch gut gingen. „Dooring“ verursacht sehr gefährliche Situationen für Radfahrerinnen und Radfahrer. Vergangenes Jahr wurde eine Frau in Frankfurt bei einem solchen Unfall getötet.
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) geht nach einer Auswertung von 2013 bis 2022 bundesweit von im Schnitt drei tödlichen Unfällen durch „Dooring“ pro Jahr aus. Die Stadt Frankfurt zählte 2021 insgesamt 67 „Dooring“-Unfälle, 2017 seien es noch 155 gewesen. In Wiesbaden gab es einen Anstieg von sieben Unfällen 2015 auf zwölf im Jahr 2021, wie das Verkehrsdezernat mitteilt.
Es handelt sich nicht um die häufigste Unfallart für Radfahrer, jedoch um eine, der sie kaum vorbeugen können. Auch vorausschauendes Fahren stoße hier an seine Grenzen, sagt Unfallexperte Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): „Ein Radfahrer mit 20 Stundenkilometern hat einen Bremsweg von rund 11 Metern. Das heißt, er müsste fast drei Wagenlängen vorausschauen.“
Die Vermeidung liege auf Seite der Autofahrer, sagt der Unfall-Experte: „Wichtig ist die Spiegelbeobachtung.“ Der in Informationskampagnen beworbene sogenannte Holländische Griff sei höchstens zusätzlich sinnvoll. Bei diesem Griff öffnen Autofahrer die Tür mit der rechten statt mit der linken Hand. Dazu müssen sie sich ein Stück weit umdrehen und, so die Hoffnung, Radfahrer entdecken, bevor sie die Tür öffnen. Doch man müsse sich nicht einmal um 90 Grad drehen, um den Griff mit der rechten Hand zu erreichen, sagt Brockmann.
Als Gegenmaßnahme müssten Straßen umgeplant werden, um Radfahrer mit ausreichendem Abstand an parkenden Autos vorbeizuführen. Nötig sei ein Trennstreifen von mindestens 75 Zentimetern, der mindestens in allen Fahrradstraßen vorhanden sein müsse, fordert der Experte. Markierungen müssten ausreichend klar stellen, dass es sich um einen Trennstreifen handele und nicht um den Radweg. Zudem sieht Brockmann die Autoindustrie in der Pflicht: Entsprechende Warnsensoren könnten die Gefahr erkennen und die Türen blockieren.
In Frankfurt werde an der Reduzierung potenzieller Gefahrenstellen gearbeitet, sagt Stefan Lüdecke, Referent im Mobilitätsdezernat. Bei Neuplanungen und Sanierungen werde ein Trennstreifen geschaffen. Zudem lege die Stadt baulich getrennte Radwege an. Stellenweise würden auch Parkplätze abgeschafft, um die Sicherheit zu erhöhen, bis eine andere Möglichkeit umgesetzt werden könne. Das gelte für die Stelle an der Taunusanlage, an der vergangenen Spätsommer die Radfahrerin tödlich verletzt wurde.
Auch Wiesbaden hat das Thema im Blick, wie das Verkehrsdezernat mitteilt. Aktuell würden 50 Zentimeter Sicherheitsstreifen empfohlen, dies werde bei Neuplanungen von Radverkehrsanlagen berücksichtigt. Wo möglich, seien es mindestens 75 Zentimeter. Auch Markierungen würden aufgebracht, um Radfahrer und Autofahrer aufmerksam zu machen.
Aufklärung sei gut, habe aber auch Grenzen, wenn etwa Kinder Autotüren öffneten, sagt der Landesgeschäftsführer des ADFC, Sofrony Riedmann. Entscheidend sei der Ausbau der Infrastruktur. Nötig seien mindestens 75 Zentimeter Trennstreifen zu Parkplätzen. Falschparken auf Geh- und Radwegen und zu enges Überholen müssten konsequent geahndet werden und Assistenzsysteme zur Vermeidung von „Dooring“-Unfällen verpflichtend werden.