Heute weitgehend vergessen: Unter den Abgeordneten der deutschen Nationalversammlung vor 175 Jahren sind auch viele Burschenschafter gewesen. Welche Rolle spielt diese Bewegung...
Frankfurt/Main (dpa/lhe) - . Einst teils progressiv, heute oft stramm rechts: An der Nationalversammlung vor 175 Jahren in der Frankfurter Paulskirche haben auffällig viele Burschenschafter teilgenommen. Verteilt über die verschiedenen Fraktionen seien es grob geschätzt gut ein Viertel der mehreren hundert Abgeordneten gewesen, sagte Dietrich Heither, Autor mehrerer Bücher über Studentenverbindungen, der Deutschen Presse-Agentur.
„Burschenschafter waren eine bedeutende Kraft der deutschen 1848-er Revolution gewesen. Das ist heute weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden.“ Immer noch gehörten Burschenschaften zum weit verzweigten Spektrum der Studentenverbindungen, ergänzte der promovierte Sozialwissenschaftler aus dem Rheingau-Taunus-Kreis.
Am 18. Mai 1848 waren die gewählten Abgeordneten aus allen Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes erstmals in der Paulskirche zusammengekommen. Diese „Frankfurter Nationalversammlung“ arbeitete die Paulskirchenverfassung aus - die erste demokratische Verfassung Deutschlands. Wirksam wurde sie zwar nie, legte aber die Grundlage für spätere deutsche Verfassungen.
Heither sagte, im damaligen Parlament hätten teils junge Burschenschafter „der radikal-liberalen, sozialen bis sogar ansatzweise sozialistischen Progressbewegung“ gesessen“. Die Mehrheit der Burschenschafter habe sich aber eher in den konservativ-liberalen Fraktionen zusammengefunden. Zu ihnen gehörte auch Heinrich von Gagern, Präsident der Nationalversammlung und Mitglied der einstigen Heidelberger Burschenschaft Teutonia.
Zugleich gab es laut Heither von Beginn der Burschenschaftsbewegung (1813 bis 1817) an eine deutschtümelnd-völkische Traditionslinie, unter anderem geprägt vom „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn und seinen Anhängern. Diese habe „mit der Ablehnung vernunftbezogenen Denkens und der damit einhergehenden Mythologisierung des Politischen den an Aufklärung, Demokratie und universellen Menschenrechten orientierten bürgerlichen Liberalismus geschwächt“.
In den Burschenschaften war Heither zufolge ohnehin von Beginn an „ein typisch deutsches National- und Sendungsbewusstsein“ präsent. Liberal-konservative Bünde hätten sich hiervon in den vergangenen Jahrzehnten abgespalten, so der Buchautor. Die Deutsche Burschenschaft bewege sich daher im Spektrum der extremen Rechten. Tatsächlich beobachten immer wieder vereinzelt Landesämter für Verfassungsschutz Burschenschafter wegen rechtsextremistischer Bestrebungen. Die Deutsche Burschenschaft als Ganzes steht nicht im Fokus des Verfassungsschutzes.