Südhessen ist die sicherste hessische Region, nach 37 Jahren wurde ein Mordverdächtiger ermittelt und die traurige Geschichte der türkischen Erdbeben-Region. Das ist heute wichtig.
Hessen. Sind Sie wohl Royalist? Ich nicht, und was die Monarchie diverser europäischer Nachbarn so treibt, lässt mich prinzipiell kalt. Dennoch habe auch ich unweigerlich zur Kenntnis genommen, dass King Charles III. Deutschland und gestern dann speziell den Bundestag besucht hat. Dort hielt er eine offenbar sehr charmante Rede in offenbar sehr gutem Deutsch, witzelte über Fußball und Dinner for One und lobte zudem die deutsch-britische Freundschaft, die auch der Brexit nicht kaputt bekommen hätte: „Wir sind voneinander fasziniert.“
Also gut. Bei so viel Leutseligkeit muss man kein Royalist sein, um zustimmend zu nicken.
Der Brexit war ein harter Abschied, und einer, den nicht Wenige bedauert haben. Ob es ein dauerhafter ist, wird erst die Zukunft zeigen. Immerhin: Die Nachbarschaft bleibt, auch wenn man nicht mehr demselben Verein angehört, und wie Charles nun bewiesen hat, steht auch der Herzlichkeit nichts im Wege. Gut zu wissen, denn um einen Abschied wird es weiter unten noch einmal gehen. Erst einmal wird es aber kriminell.
TOP 3 DES TAGES
Sicher in Südhessen
Ebenfalls gestern wurde die Kriminalstatistik vorgestellt: in Berlin die für Deutschland, in Wiesbaden die für Hessen und in Darmstadt noch ein wenig lokaler die für Südhessen. Als Südhessin kann ich zufrieden sagen: In Sachen Sicherheit ist das der „place to be“, als sicherste Region in Hessen, mit Darmstadt als sicherster hessischen Großstadt und den Kreisen Darmstadt-Dieburg, Odenwald und Bergstraße auf den Plätzen drei, vier und fünf. Sicherster Landkreis Hessens ist übrigens der auch nicht weit entfernte Rheingau-Taunus-Kreis.
Freilich ist nicht alles Gold was glänzt: So berichtete Polizeipräsident Björn Gutzeit unter anderem von mehr Übergriffen auf Einsatz- wie auch auf Rettungskräfte, mehr Rohheitsdelikten und einer bedenklich hohen Anzahl von Tätern unter 21 Jahren – genau wie deutschlandweit. Kein guter Trend. Die Details der Entwicklungen hat meine Kollegin Birgit Femppel aufgeschrieben.
Mit langem Atem zum Erfolg
Auf genannter Pressekonferenz in Darmstadt wurde auch ein Verbrechen angesprochen, das nichts mit dem Jahr 2022 zu tun hat: Es datiert auf das Jahr 1987, liegt also satte 37 Jahre in der Vergangenheit. Damals verschwand eine 15 Jahre alte Schülerin in Lindenfels im Kreis Bergstraße. Erst zwei Jahre später wurden ihre sterblichen Überreste zufällig im Wald entdeckt. Und noch einmal 35 Jahre später hat die Polizei nun einen Tatverdächtigen ermittelt. Den 61-Jährigen, der ursprünglich aus dem nicht allzu weit von Lindenfels entfernten Bensheim stammt, fanden die Beamten der Cold-Case-Units durch akribische Auswertung der alten Spuren, DNA-Analysen, die Arbeit von Profilern und nicht zuletzt durch Zeugenhinweise aus der Sendung „Aktenzeichen XY“. „Dieser Fall bewegt bei uns auch sehr erfahrene Ermittler“, sagte Polizeipräsident Gutzeit.
Wo langer Atem weiter Not tut
Keine Jahre, sondern erst sieben Wochen zurück, liegt das verheerende Erdbeben, das die türkisch-syrische Grenzregion erschüttert, Gebäude und Infrastruktur zerstört und vor allem tausende Tote gefordert hat. Trotzdem ist es schon wieder größtenteils aus dem medialen Fokus verschwunden. Dabei gibt es viel zu berichten: vom Tabakbauern Ali, der 35 Angehörige verloren hat, mit 14 Familienmitgliedern in einem 8 mal 3,5 Meter großen Zelt lebt und weder neu anpflanzen noch sein Haus wiederaufbauen kann. Von seiner 90 Jahre alten Mutter, die die sechste Nacht bei Frost im Auto nicht mehr überlebt hat. Von Miyase, die Brustkrebs hat, aber keine Chemotherapie mehr bekommt. Von Hilfe, die der Staat als sein Monopol betrachtet, die dann aber einfach nicht kommt, von verschlammten Zeltstädten und dem Leiter eines dieser Lager, der nicht weiterweiß: „Bevor ich hierherkam, habe ich den Staat immer verteidigt. Das kann ich jetzt nicht mehr.“ [article path=””]Die ganze traurige, aber auch sehr lesenswerte Geschichte hat Friedrich Roeingh aufgeschrieben.[/article]
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ZU GUTER LETZT
Wider die Angst
Was kann ich Ihnen an dieser Stelle noch mitgeben? Vielleicht einen Kulturtipp, der in diesem Fall nach Wiesbaden führt. Knapp 30 internationale Künstler stellen gemeinsam aus, das Thema lautet „Angst“. Klingt erst mal nicht so prickelnd? Gemach. „Selten war das Thema einer Kunstaustellung näher an der allgemeinen Befindlichkeit als das, was ab diesem Freitag in der Wiesbadener Walkmühle zu sehen ist“, findet meine Kollegin Birgitta Lamparth. Die Angst ist oft schon da, sei es aus einem konkreten Grund oder als diffuses Grundgefühl.
Noch einmal zum Südhessischen Polizeipräsidenten: Auch das „subjektive Angstempfinden“ der Bürger müsse ernst genommen werden, betonte Björn Gutzeit. Die Polizei hat dafür unter anderem KOMPASS, das KOMmunaleProgrAmmSicherheitsSiegel, wo in Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden vor Ort geschaut wird, wo es klemmt. Oft lässt die subjektive Angst sich auf diese Weise gut eingrenzen, sorgen direkte Ansprache sowie eher kleine Maßnahmen wie mehr Licht für prompte Erleichterung. Und ganz ähnlich kann eine gut kuratierte Ausstellung gewiss auch aufs menschliche Gemüt wirken. Angst muss man sich stellen, um sie zu besiegen. In diesem Sinne: Auf nach Wiesbaden!
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