Polizei rüstet sich für Biker-Saison in Rheingau-Taunus

Die vielen Kurven machen die B 54 zwischen Bad Schwalbach und Aarbergen zu einer beliebten Biker-Meile. Das Foto zeigt die Strecke bei Adolfseck.
© Martin Fromme

2022 sind im Rheingau-Taunus-Kreis keine Motorradfahrer zu Tode gekommen. Die Polizei möchte, dass das auch so bleibt. Was die Biker-Community jetzt beachten sollte.

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Rheingau-Taunus. Im ganzen Jahr 2022 sind auf den Straßen des Rheingau-Taunus-Kreises keine Motorradfahrer zu Tode gekommen. Das hat es in den Jahren davor nicht gegeben. Möglicherweise hat bei der jüngsten Bilanz der Wettergott die Finger im Spiel gehabt. Es habe 2022 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich mehr Regentage gegeben, sagt Martin Roch. Der Leiter der AG Bike koordiniert die Kontroll- und  Präventionsarbeit der Polizei auf den Straßen des Polizeipräsidiums Westhessen kreisübergreifend. Auch im aktuellen, oft regnerischen Frühjahr sieht die Zwischenbilanz bislang glimpflich aus.

2021 verzeichnete man im Landkreis zwei tote Biker. Der eine stürzte auf der B260 aufgrund eines Wildwechsels, der andere Motorradfahrer stürzte zwischen Walluf und Eltville, als eine Autofahrerin auf der Straße wendete und er nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte. Bezogen auf das gesamte Polizeipräsidium Westhessen, zu dem auch noch Wiesbaden, Hoch- und Main-Taunus-Kreis sowie der Landkreis Limburg-Weilbug gehören, waren es 2021 fünf und 2022 sieben tote Motorradfahrer. 212 Biker wurden 2022 bei Unfällen verletzt, 2022 waren es 278. Für den Rheingau-Taunus erfasst die Statistik im vergangenen Jahr 29 schwer- und 57 leicht verletzte Motorradfahrer.

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Besonders hohes Risiko für Biker

Roch hebt gleichwohl den hohen Anteil von Motorradfahrern unter den Verkehrstoten im Bereich seines Präsidiums hervor. Denn Unfälle mit dem Motorrad enden für die Fahrer überdurchschnittlich oft tödlich. Machte der Anteil von Motorradfahrern, die an Verkehrsunfällen beteiligt waren, 2022 insgesamt lediglich 1,4 Prozent aus, so stellten die Motorradfahrer zugleich aber 8,5 Prozent der Unfallverletzten und 18,9 Prozent der Unfalltoten. Im Vor-Corona-Jahr 2019 lag der Anteil der Biker an den Verkehrstoten sogar bei 34 Prozent. Zur Statistik gehört freilich auch, dass die Zahl der Zulassungen von Motorrädern seit Jahren zunimmt.

Polizisten messen auf der B54 den Lärmausstoß eines Motorrades.
Polizisten messen am Ostermontag an der Kontrollstelle auf der B54 (Parkplatz bei Breithardt) den Lärmausstoß eines Motorrades.
© Polizeipräsidium Westhessen

Die Zahl der Kontrollen ist hingegen durch die Verfügbarkeit von Personal begrenzt. Unterstützt von örtlichen Polizeikräften haben 2023 bereits die ersten zehn Kontrollen stattgefunden. Im Aartal und auf der Wisperstrecke wurden etwa am Ostermontag mehr als 120 Biker und ihre fahrbaren Untersätze überprüft. Dabei wurden zwölf Ordnungswidrigkeiten festgestellt, 27 Mängelanzeigen geschrieben und drei Maschinen stillgelegt. Im vergangenen Jahr registrierte man im Bereich der Polizei Westhessen bei 90 Kontrollen von April bis September 740 Ordnungswidrigkeiten, 26 Strafanzeigen und 300 Mängelanzeigen.

Fahrer kommen sogar aus den Niederlanden

Für die Kontrollen, die zugleich immer auf Prävention und Aufklärung abzielen, arbeiten die vier Kollegen, die aktuell der AG Bike fest zugeordnet sind, mit den örtlichen Polizeistationen zusammen.  Kontrolliert wird in Uniform oder zivil und über Kreisgrenzen hinweg, häufig mit Teams aus dem Hochtaunus und Rheingau-Taunus, wo viele der beliebten Strecken liegen. Die Fahrer kommen nach Feierabend aus dem ganzen Rhein-Main-Gebiet, an Wochenenden und Feiertagen sieht man Kennzeichen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen ebenso wie aus Hamburg oder sogar den Niederlanden.

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Im Einsatz sind punktuell auch zwei Motorräder mit Kameras, mit denen die Beamten im Idealfall die tatsächliche Geschwindigkeit oder aber das auffällige Fahrverhalten von Bikern gerichtsfest dokumentieren können. Illegale Straßenrennen nennt Roch als Beispiel. Motorradfahrer tragen derlei aber üblicherweise nicht nebeneinander aus, sondern messen ihre Höchstleistungen in den beliebten Taunuskurven gegenseitig per Stoppuhr. „Unser Ziel ist, da zu sein, bevor das Rennen gefahren wird“, sagt Roch. 

Auch das absichtlich laute Fahren ist unzulässig

Straf- und Bußgeldbewährt ist sowohl nichtangepasstes Fahren, das nur dem Hochschrauben der Tachonadel dient, als auch vermeidbarer Lärm. „Der Auftrag der AG Bike ist auch, die Bedürfnisse der Anwohner zu wahren“, sagt Roch. „Es ist viel zu laut geworden.“ Der Grund sind nicht nur Biker, die rücksichtslos hochdrehen oder ihre Schalldämpfer ausbauen, sondern auch die Verfügbarkeit immer lauterer, aber völlig legaler Maschinen. Während die wenig bewohnte Wisperstrecke eher bei Ausflugsfahrern beliebt ist, treffen sich die Möchtegern-Rennfahrer traditionell im Aartal, um die kurvige, gut ausgebaute Strecke zwischen Bad Schwalbach und Aarbergen hinauf und hinab zu düsen. „Wir haben ja Verständnis für das Freiheitsgefühl“, sagt Roch, „aber in dem Moment, wo ich in eine Ortslage komme, muss ich Rücksicht auf Fußgänger und Leute auf der Terrasse nehmen.“ Besonders im Blick hat die Polizei auch dieses Jahr wieder die Aarstrecke, aber auch andere neuralgische Punkte wie etwa die verlängerte Reitallee in Bad Schwalbach. 

Sorgen machen auch unerfahrene 125-Kubik-Piloten ab 16 Jahren, wie Rochs Kollege Andreas Breithaupt sagt. Er kümmert sich seit 1996 um die Zielgruppe Motorradfahrer, von denen die übergroße Mehrheit nicht auffällig wird, und sieht sich auch als Ansprechpartner. Seit Jahren begleitet er auch die „Biker-Safty-Touren“, die man auch diese Saison wieder anbieten wird (Informationen dazu werden noch veröffentlicht). Dann fährt er mit einer Gruppe Interessierter die schönsten Strecken im Umkreis ab und klärt unterwegs über Unfallrisiken und die Arbeit der Rettungsdienste auf. „Die AG Bike ist nicht nur für repressive Maßnahmen da“, betont er. Auch nach dem Ausstellen einer Mängelanzeige bleibe man Ansprechpartner für die betroffenen Fahrer. „Wir nehmen uns auch Zeit, Gespräche zu führen und für Fragen da zu sein“, ergänzt Roch.