Fine Zeitung, so sagte mal ein Werbefachmann, sei wie ein gutes Restaurant. Beide lieferten Qualität und man müsse sich bewusst Zeit nehmen. Kauen wir mal auf diesem Gedanken...
. Fine Zeitung, so sagte mal ein Werbefachmann, sei wie ein gutes Restaurant. Beide lieferten Qualität und man müsse sich bewusst Zeit nehmen. Kauen wir mal auf diesem Gedanken herum. Es gab Zeiten, da konnten sich die Leute nicht sattsehen bei uns. Sie erstanden sogar eine Garantie für einen Stammplatz, das Abonnement. Dann kamen im übertragenen Sinne Schnellrestaurants und Systemgastronomie, Tiefkühlkost und Mikrowelle. Verführerische Alternativen. Würden Sie Ihr Blatt von vorne bis hinten durchlesen, bräuchten Sie ungefähr fünf Stunden. Um sich online einen Nachrichtenüberblick zu verschaffen, reichen fünf Minuten. Noch dazu ist das Angebot im digitalen (Einkaufs)-Netz reichhaltig: Videos, Fotogalerien, Podcasts, Grafiken neben Textdateien. Als Nebenwirkung droht Reizüberflutung, eine Art informationelles Sodbrennen. Der Wettbewerb hat die Printprodukte angespornt. Optische Opulenz ersetzt die Bleiwüste. Die Speisen sind hübsch anzusehen, das Auge isst mit.
Wir könnten mäkeln, dass ein Info-Burger auf die Hand nicht sättige und schon gar nicht gesund sei. Aber wer hat noch Muße für eine üppige Mahlzeit mit all den überflüssigen Beilagen, kontern die Anhänger der Ernährung to go. Ganz davon abgesehen, dass Schnellkost inzwischen auch nahrhaft und gesund angeboten wird.
Ein Blick auf die (Menü)-Karte: Gedruckte Zeitungen liest ungefähr noch ein Drittel der Deutschen täglich. Nebenbei noch Fernsehgucken, Musikhören oder Bügeln geht dann aber kaum. Jüngere haben sich längst für den flotten Konsum entschieden. Sie wissen oft nicht, dass auch das digitale Büdchen an der Ecke oder der gut gelaunte virtuelle Pizzabäcker aus derselben Firma stammen wie das Gasthaus, das die Großeltern noch gerne aufsuchen. Die 14- bis 29-Jährigen sind mit fast 80 Prozent bei den Konsumenten der Online-Inhalte deutscher Zeitungen vertreten.
Was heißt das für die Zukunft? Wie muss das Mobiliar der Lokale aussehen, welche Zusammensetzung müssen unsere Speisen haben und wie sollen wir sie servieren? Auf der Suche nach Antworten gehen wir ins Labor. In diesem Sommer startet unter dem Titel "#usethenews" eine dreigeteilte Forschungsoffensive, an der sich der Hamburger Senat, Zeitschriften, Rundfunksender, die Presseagentur dpa und Zeitungsgruppen wie die VRM beteiligen, zu der unsere Zeitung gehört. Eine Grundlagenstudie, die Nachrichtennutzung und -kompetenz junger Leute in der digitalen Welt untersucht, steuert das Leibniz-Institut für Medienforschung (Hans-Bredow-Institut) in Hamburg bei. Parallel tüfteln Experten in einem Labor (News Literacy Lab) an neuen Modellen und Angeboten. Ähnlich der berühmten Versuchsküche von Dr. Oetker. Ohne Rezepte läuft auch hier nichts. Daher soll als Drittes ein Leitfaden entstehen, wie Pädagogen ihren Schülern Nachrichtenkompetenz vermitteln können. Schließlich gilt es zu unterscheiden, was Fakenews sind, sprich Mogelpackung, und was werthaltige Vollkost für den mündigen Bürger ist. Sie dürfen gespannt sein, was wir Ihnen als Erkenntnis aus dieser Studie in absehbarer Zeit auftischen. Mahlzeit!
Von Stefan SchröderVRM Chefredakteur