Panzerfäuste und Granaten in Mainz aus dem Rhein geholt

Drei Tage lang dauerte die Sicherungsaktion am Winterhafen, nachdem am ein Spaziergänger am Samstag im Uferbereich des Winterhafens alte Weltkriegsmunition gefunden hatte. Im Flussbett fanden Kräfte des Kampfmittelräumdienst unter anderem Panzerfäuste und Patronen. Foto: Sascha Kopp

Spezialisten des Kampfmittelräumdienstes holen über 100 Weltkriegsmunitionsgegenstände aus dem Rhein. Zum Einsatz kamen eine schwimmende Plattform, ein Bagger und Taucher.

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MAINZ. Über 100 Panzerfäuste, Panzerabwehrgranaten und Patronen für Flugabwehrkanonen (Flak) haben Einsatzkräfte des rheinland-pfälzischen Kampfmittelräumdienstes am Samstag, Montag und Dienstag am Victor-Hugo-Ufer am Winterhafen aus dem Rhein geborgen. Der Fundort befand sich diesmal in der Nähe des Quartiers des Mainzer Kanu-Vereins. Menge und Größe der Gegenstände übersteigen das Ausmaß des letzten Fundes am Winterhafen aus dem Juli 2018 deutlich.

Damals waren am Victor-Hugo-Ufer, rund 300 Meter weiter vorne, unweit der Mole, von einem Sportbootfahrer zunächst drei und im weiteren Verlauf der Sicherung 63 weitere Flak-Patronen gefunden worden. Die Munition wurde vom Kampfmittelräumdienst einige Wochen später vor Ort kontrolliert gesprengt. Diesmal entschieden sich die Verantwortlichen für ein anderes Vorgehen.

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Polizei und Feuerwehr vor Ort

Es war gegen 12.30 Uhr am vergangenen Samstag, als ein Spaziergänger am Ufer Patronen entdeckte und Mitglieder der Deutschen Lebens-Rettungsgesellschaft (DLRG), deren Mainzer Außenstelle sich am Winterhafen befindet, darauf aufmerksam machte. Umgehend wurden der Bereich um den Fundort abgesperrt und Kampfmittelräumdienst, Polizei sowie Feuerwehr hinzugerufen. Noch am Nachmittag fuhr der Kampfmittelräumdienst in Mainz vor. Die Spezialisten machten sich ein erstes Bild von der Lage und transportierten gegen kurz nach 16 Uhr bereits erste Weltkriegsmunition ab.

Bereits bei der ersten Erkundung habe sich gezeigt, dass unter Wasser noch deutlich mehr Munition liege, berichtet Kurt Mazzucco vom Kampfmittelräumdienst, im Gespräch mit dieser Zeitung. So entschieden sich die Fachleute, die Aktion am Montag fortzusetzen, banden in der Folge neben Polizei, Feuerwehr und dem für den Uferbereich zuständigen Wirtschaftsbetrieb auch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Rhein ein.

Fund ist nicht gefährlich

Am Montag und Dienstag wurden jeweils rund 25 Panzerfäuste, 25 Panzerabwehrgranaten und weitere Flak-Patronen im Flussbett zunächst mit Feuerwehrschläuchen freigelegt, aus dem Wasser geborgen und in Gitterboxen verstaut. Hinzu kamen rund 250 Kilogramm Gewehrmunition und Verpackungsbestandteile. Am Dienstagabend wurde die Munition schließlich per Lastwagen ins Zentrallager des rheinland-pfälzischen Kampfmittelräumdienstes nach Koblenz verbracht. „Dort wird sie gesammelt, bis sie der Vernichtung zugeführt wird“, erklärt Mazzucco.

Letztlich sei das Sichern, wie im Vorfeld erwartet, ohne Auffälligkeiten verlaufen. Angesichts der Verpackungsmaterialien und Kisten konnten die Fachleute bereits früh Entwarnung geben. „Es handelte sich nicht um Blindgänger, sondern verklappte Munition, die noch verpackt in den Rhein gekippt wurde“, so Mazzucco. Sodass sich der Kampfmittelräumdienst in diesem Fall nach Gefahrenabwägung gegen eine Vor-Ort-Sprengung und für einen Abtransport entschied.

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Für alles gesorgt

Da sich der Großteil des Fundes im Fluss selbst befand, wurde das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt im Wege der Amtshilfe aktiv. „Wir haben dafür gesorgt, dass dem Kampfmittelräumdienst die für die Sicherung der Munition notwendige Infrastruktur und entsprechende Instrumentarien zur Verfügung standen“, berichtet Michael Hoffmann, Strommeister im WSA-Außenbezirk Wiesbaden. Als Strommeister ist er für Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs zwischen Rheinkilometer 483,5 bei Mainz-Weisenau und 427,4 bei Bingen und Rüdesheim zuständig. Der Sitz der Wiesbadener Außenstelle befindet sich im Schiersteiner Hafen.

So informierte und warnte das WSA während der Aktion den übrigen Schiffsverkehr unter anderem mit spezieller Beschilderung, wies Schiffsführer an, die Fundstelle mit angepasster Geschwindigkeit zu umfahren. Die Wasserschutzpolizei überwachte die Einhaltung. Darüber hinaus wurde dem Kampfmittelräumdienst ein Arbeitsschiff mit Kran des WSA zur Verfügung gestellt, zudem kurzfristig bei einer externen Firma ein Arbeitsponton – eine schwimmende Plattform – samt Bagger angemietet.

Viel Munition im Rhein

Mit seinem Greifarm hob der Bagger von der Wasserseite aus nach und nach Munition sowie Verpackungsmaterial aus dem Rhein. Ein Taucher und drei weitere Kräfte des Kampfmittelräumdienstes nahmen sie schließlich aus dem Greifarm entgegen, sammelten und sortierten sie am Ufer. Kräfte der Feuerwehr waren durchgehend vor Ort, um im Ernstfall umgehend eingreifen zu können. Am späten Nachmittag war die Sicherungsaktion abgeschlossen, die Munition verladen.

Das Mainzer Rheinufer, insbesondere der Bereich am Winterhafen, ist eine Häufungsstelle, wenn es um derartige Funde geht. Auf Höhe der früheren Stadthalle und heutigen Rheingoldhalle war zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs eine Flak-Stellung der Deutschen. Bevor die Amerikaner vorrückten, sollen die Deutschen dort viel Munition im Rhein versenkt haben.