Wie nachhaltig sind die Gefängnisse in der Region?

Sowohl in Hessen als auch in Rheinland-Pfalz begehen Menschen Verbrechen - Verbrechen, für die sie ins Gefängnis müssen. Doch welchen Wert hat „bio” oder „fair” im dortigen Alltag?

Justizvollzug: In Hessen und Rheinland-Pfalz gibt es zahlreiche Einrichtungen, um seine Strafe abzusitzen. Aber wie nachhaltig ist der Alltag dort und wer ist dafür verantwortlich?

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Rhein-Main. Sich bio ernähren oder faire Kleidung tragen – wir Menschen in Freiheit können darüber jeden Tag neu entscheiden. Doch wer entscheidet das für die, die nicht frei wählen können: Wie nachhaltig ist das Leben für Häftlinge in deutschen Justizvollzugsanstalten (JVA)? Spielt bio, klimaneutral und fair dort überhaupt eine Rolle?

In Rheinland-Pfalz ja – das sagt zumindest Corinna Zellmann, Pressesprecherin des Ministeriums der Justiz. Die Bewirtschaftung der Anstalten sowie die Versorgung der Gefangenen auf jeder Ebene erfolge durch die Justizvollzugseinrichtung selbst, es gebe also keine „Zentrale“, die sich um alle JVA’n in Rheinland-Pfalz kümmere. Eher würden Tagungen und Besprechungen für alle organisiert, um sich zu informieren und die Informationen dann für ihren Bereich in einer spezifischen JVA anzuwenden. Zum Beispiel habe erst kürzlich, erzählt Zellmann, mit den Küchenleiterinnen und -leitern eine Tagung „Best-Practice“ im Sinne von Nachhaltigkeit und Klimaschutz stattgefunden.

Energie spielt auch eine Rolle

Im Sinne einer 2021 veröffentlichten Rheinland-Pfalz-weiten Verwaltungsvorschrift seien die Ziele der nachhaltigen Entwicklung im Bereich der öffentlichen Beschaffung festgehalten. Eine Rolle spielt hierbei auch, die Beschaffung nicht nur nachhaltig, sondern auch so energieeffizient wie möglich zu vollziehen.

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Bei ihren Beschaffungen sollen die Anstalten im Rahmen ihrer Haushaltsmittel darauf achten, insbesondere bei Verbrauchsmaterial, Mehrwegprodukte zu beschaffen. „Und es werden möglichst große Gebinde gekauft, um Verpackung zu sparen, oder es wird auch möglichst regional eingekauft”, sagt Zellmann. Im Rahmen arbeitstherapeutischer Maßnahmen würden regelmäßig Materialien verwendet, die nach Gebrauch eigentlich zu entsorgen wären, zum Beispiel Einwegpaletten oder Holzabfälle aus der Schreinerei.

Bei all dem sei jedoch der haushaltsrechtlich vorgegebene Rahmen zu beachten sowie Aspekte der Sicherheit. „Manche Sicherheitsaspekte begrenzen nämlich die Anstalten in ihrer Beschaffungsfreiheit“, so Zellmann. Zum Beispiel gehe es hierbei eher darum, wie leicht oder schwer entflammbar ein „nachhaltigerer“ Gegenstand ist, oder darum, ob er Versteckmöglichkeiten für gefährliche oder verbotene Substanzen bietet.

Auch in hessischen JVAs wird nachhaltig gekocht

In Hessen sieht das ähnlich aus: Die Pressesprecherin des Hessischen Ministeriums der Justiz, Adina Murrer, erzählt von einem Projekt „Essen in Hessen“, an dem ausgewählte Großküchen der JVA’n 2016 bis 2019 teilgenommen hätten. „Das Ziel war es, natürliche Ressourcen unter Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte im Bereich der gemeinschaftlichen Verpflegung konkret einzusparen sowie Maßnahmen und Methoden zur Erfassung von Lebensmittelabfällen zu erproben“, so Murrer. Als Ergebnis des Projekts seien die Großküchen mit Umsetzungsstrategien für ihre eigene JVA herausgegangen. So sei vom vermehrten Einkauf bei regionalen Anbietern über ressourcenschonendere Verarbeitungstechniken bis hin zur Rezept-Optimierung alles Thema gewesen. Außerdem seien die Ergebnisse an die übrigen Küchenleitungen weitergetragen worden.

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Wenn Gefangene im hessischen Justizvollzug einkaufen wollen, umfasst das dortige Angebot laut Murrer auch Bio-Lebensmittel. Inhaftierte hätten aber auch die Möglichkeit, Zusatznahrungs- und Genussmittel bei einem „Anstaltskaufmann“ zu erwerben.

Ein Abfallbeauftragter als Lösung

„In den letzten Jahren ist in unseren JVA’n außerdem ein Abfallbeauftragter etabliert worden“, lässt Murrer wissen. „Seine Aufgabe ist die Überwachung der Abfallentsorgung und die Unterrichtung über das richtige Mülltrennen durch Inhaftierte und Bedienstete.“ Hierzu gebe es in den JVA’n mit Entsorgungsunternehmen abgestimmte individuelle Abfallkonzepte.

Die Bekleidung der Gefangenen werde in hessischen JVA’n zentral für alle Anstalten im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen beschafft, sagt Murrer. Hierbei würden Vorgaben des hessischen Ministeriums der Finanzen zum Thema Nachhaltigkeit beachtet.

Mehr Texte zum Thema Nachhaltigkeit finden Sie unter unserem Schwerpunkt „Die Klima-Krise und unser Alltag”.