Prozess um Raub in Hotel: Opfer leidet noch heute

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Das Landgericht Wiesbaden verhandelt über einen Raubüberfall auf ein Wiesbadener Hotel an Weihnachten 2020. Die Beute betrug nur 870 Euro. Angeklagt ist ein Hotelgast.

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WIESBADEN. Es war ein einschneidendes Erlebnis. „Die Zeit danach war sehr schwierig, ich habe mich nicht mehr wohl gefühlt“, schildert die junge Frau. Rund sechs Wochen sei sie krankgeschrieben gewesen. Selbst in der eigenen Wohnung sei auch jetzt noch immer ein Gefühl von Unsicherheit. „Ich gehe nicht in einen dunklen Raum, ich mache zuerst das Licht an“. Und dass sie ein halbes Jahr später die Arbeitsstelle gewechselt habe, das habe neben anderen Überlegungen auch mit diesem Erlebnis zu tun. Körperliche Beschwerden, die Schmerzen am Arm, sind längst abgeklungen. Das einschneidende Erlebnis ist ein Raubüberfall. Tatort war am zweiten Weihnachtsfeiertag 2020 ein Hotel in der Abraham-Lincoln-Straße, die Frau arbeitete dort an der Rezeption. Es war die Spätschicht bis 22 Uhr.

„Es war nichts los“, sagt die Frau, sie meint damit den üblichen Geschäftsbetrieb. Die Mitarbeiterin war in einem rückwärtigen Raum mit Büroarbeiten beschäftigt. Auf dem Monitor sah sie, dass sich ein Mann der Rezeption näherte. „Ein Gast“, dachte sich die Mitarbeiterin, die sich aufmachte, um behilflich zu sein. Weit kam sie nicht: „Als ich am Türrahmen des Büros stand, war er schon da“ – der Täter, der sein Gesicht mit einer grauen Maske abgedeckt hatte, die Kapuze des Pullovers über den Kopf gezogen. Die Maske und die Gartenhandschuhe, die er trug, waren keine Vorsorge in Zeiten der Corona-Pandemie.

Klarheit durch Videoüberwachung?

„Er hat mich sofort mit einem festen Griff am Arm gepackt und aus dem Raum gezogen. Den anderen Arm hat er mir um den Hals gelegt und gesagt: „Das ist ein Überfall“. Die Frau musste die Kasse öffnen. Dann sei sie mit einem kräftigen Schubser zur Seite und gegen den Tresen gestoßen worden, derweil sich der Täter an den Fächern mit den Geldscheinen bediente. In der Anklage vor der 2. Strafkammer des Landgerichts ist am Freitag auch die Rede davon, dass der Täter ein Messer in der Hand gehabt und seitlich in Richtung des Bauchs des Opfers gehalten haben soll.

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Mit rund 870 Euro Beute flüchtete der Mann. Das Messer, ihrer Beschreibung nach ein Küchenmesser mit grünem Griff und abgerundeter Spitze, will die Frau gesehen haben, als sie nach dem Schlüssel der Kasse gegriffen habe. Auf den Fotos, gefertigt von den Aufnahmen der Videoüberwachung, ist ein solches Messer nicht zu erkennen. Klarheit soll der Original-Videofilm bringen, der das Geschehen des Überfalls zeigt.

Augen des Täters haben sich „eingebrannt“

In ihrer Vernehmung bei der Polizei äußert die Frau schon kurz nach dem Überfall eine Vermutung, wer womöglich Täter gewesen sein könnte: der Hotelgast von Zimmer 115: Amar K., eingecheckt am 23. Dezember 2020, den Aufenthalt dann um einen Tag verlängert, ausgecheckt am 25. Dezember. Von der Statur habe der Täter sie an diesen Hotelgast erinnert, ihr seien auch die Augen aufgefallen. Die hätten sich ihr „eingebrannt“. Der Hotelgast Amar K. hatte sich mit einem Führerschein ausgewiesen.

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Ein Wiesbadener, der beim Auschecken am ersten Weihnachtsfeiertag an der Rezeption dem späteren Opfer dann erklärte, dass er die Rechnung – Übernachtungspreis jeweils 89 Euro – nicht bezahlen könne. Er verließ das Hotel mit dem Versprechen: Er werde zur Bank gehen, Geld abheben und dann im Hotel zum Begleichen der Rechnung vorbeikommen. Was bis zum Zeitpunkt des Raubüberfalls, einen Tag nach dem Auschecken, aber nicht der Fall war. Der Prozess wird fortgesetzt.