HOCHHEIM - Die SPD Hochheim bedauert die Absage des für den 5. März geplanten verkaufsoffenen Sonntags und bekennt sich um verfassungsrechtlichen Schutz des Sonntags als Tag der Arbeitsruhe. Die Sozialdemokraten sehen dessen Charakter durch die vier verkaufsoffenen Sonntage in Hochheim jedoch nicht gefährdet. Die Möglichkeit, den Besucherstrom während Festen und Märkten wie der ReWoBau-Messe für Werbung und Kundenbindung der Gewerbebetriebe zu nutzen, finden wir wichtig und sprechen uns daher für die verkaufsoffenen Sonntage in Hochheim aus.
Besonders ärgerlich ist die Absage für die Gewerbetreibenden, die für die Vorbereitung Zeit und Geld investiert haben. Auch der Stadt sind durch Verwaltungs- und Gerichtskosten vergebliche Aufwendungen entstanden.
Mit dem Widerstand der Allianz für den freien Sonntag war zu rechnen, deshalb hätte man von Beginn an die Allianz mit einbeziehen können, aber auf jeden Fall eine rechtmäßige und damit rechtssichere Allgemeinverfügung erlassen müssen. Anstelle Gewerkschaften und kirchliche Organisationen dafür zu kritisieren, dass sie von ihren Grundrechten Gebrauch machen und Widerspruch einlegen, sollte sich der Bürgermeister als Chef der Verwaltung an die eigene Nase fassen und sich fragen, warum das Gericht dem Antrag von Ver.di und KAB überhaupt gefolgt ist. Wenn der Bürgermeister einer Gewerkschaft vorwirft, mit ihrem Widerspruch den Hochheimer Geschäften und damit auch den Arbeitnehmern zu schaden, dann ist das schon ein starkes Stück. Nun könnte man ihm Gleiches vorwerfen, da er die Verantwortung für die offensichtlich rechtswidrige Allgemeinverfügung zu tragen hat und es selbst nach Einlegung des Widerspruchs versäumt hat, die Rechtswidrigkeit durch Nachbesserung zu heilen, meint Jan Herfort, stv. Fraktionsvorsitzender und SPD Ortsvereinsvorsitzender.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt folgte in seiner Begründung dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015, das die Anforderungen an Genehmigungen von Ladenöffnungen an Sonntagen hinreichend auflistet. Grundsätzlich bestünde kein Zweifel, dass die Informations- und Verkaufsmesse ReWoBau als anlassgebende Messe zu einer Ladenöffnung in einem abgegrenzten Bereich des Stadtgebiets berechtigen kann. Ein verkaufsoffener Sonntag hätte stattfinden können, wenn die Stadtverwaltung sorgfältig gearbeitet und den, durch die Rechtsprechung dargelegten, Gestaltungsspielraum bei Erlass der Allgemeinverfügung genutzt hätte. Denkbar wäre es gewesen, die Genehmigung der Ladenöffnung auf Geschäfte zu begrenzen, deren Warenangebot einen inhaltlichen Bezug zur ReWoBau haben.
Wir wissen, dass auch in den besten Verwaltungen Fehler vorkommen und wir hätten dies weitestgehend unkommentiert gelassen. Das Verhalten des Bürgermeisters gibt uns jedoch Anlass, die Situation klarzustellen. Die Sozialdemokraten erwarten vom Bürgermeister die Übernahme von Verantwortung und ein Eingeständnis der Fehler, die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens und der Verteidigung der Allgemeinverfügung passiert sind.
Die Sorge um einen Imageverlust der Stadt Hochheim teilen wir nicht. Auch die wirtschaftlichen Folgen für die Hochheimer Ladenbesitzer scheinen, angesichts der sachlichen und gelassenen Reaktion des HGV, überschaubar zu sein. Somit ist der Ausfall des verkaufsoffenen Sonntags zwar ärgerlich, für die Stadt und das Hochheimer Gewerbe jedoch zu verkraften.
Wir befürworten das Gesprächsangebot des HGV an die „Allianz für den freien Sonntag“ ausdrücklich und sind der festen Überzeugung, dass es dem HGV gelingen wird die „Allianz“ davon zu überzeugen, dass die vier verkaufsoffenen Sonntage in Hochheim den Sonntag in seinem Charakter, als Tag der Arbeitsruhe und Besinnung, nicht gefährden. Dies entlässt Bürgermeister und Verwaltung nicht aus der Verantwortung, sich an geltendes Recht zu halten und für die Gewerbetreibenden Rechtssicherheit zu schaffen.
Als langjähriger Betriebsrat und als ver.di-Mitglied kann Marcus Hesse den Einsatz von ver.di und KAB für die Sonntagsruhe absolut nachvollziehen. Die Kritiker des Urteils argumentieren unter anderem, dass man als Familie nur an einem Sonntag gemeinsam und in Ruhe einkaufen könne und haben damit bereits das Wesentliche in der Frage angesprochen. Leider stellen sie sich nicht die Frage, warum das so ist und ob ein verkaufsoffener Sonntag dieses Problem wirklich löst oder eher verschärft.
Was Hesse extrem stört, ist die Tatsache, dass Wirtschaftsförderung in Hochheim in den letzten Monaten eher von Ansiedlungspolitik und der Diskussion über einen attraktiven Gewerbesteuersatz geprägt war. Als Wirtschaftsförderer sollte man vor allem hilfreicher Partner der Gewerbetreibenden sein und bei bekannten Urteilen in der Lage sein, einen verkaufsoffenen Sonntag rechtssicher zu organisieren. Das Urteil zeige, so Hesse, dass hier mangelnder Fleiß die Hauptursache für das Scheitern ist.
Wir als Lokalpolitiker sollten uns auf die Angelegenheiten konzentrieren, die wir für unseren Einzelhandel in Hochheim auch wirklich steuern können. Eine attraktive Innenstadt mit ausreichenden Parkplätzen und einer guten Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist ein Teil davon. Wer meint, ein verkaufsoffener Sonntag ändert irgendetwas an der durch das Internet entstandenen Konkurrenzsituation, dem sind schon mit dem ersten Wort die Argumente ausgegangen.