Die alljährlichen Veranstaltungen bei der Kolpingfamilie im katholischen Vereinshaus in der Oster- und Adventszeit mit Ronald Zinnecker sind stets ein Renner. Der gelernte Florist hat ein kreatives Händchen und gibt sein Wissen, Kränze, Gestecke oder Blumengebinde ansprechend zu gestalten, gerne an die Teilnehmerinnen weiter.
(Archivfoto: Kolpingfamilie Hochheim)
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HOCHHEIM - So roch es damals nur bei Sack. In dem kleinen, nicht zu hellen Laden in der Frankfurter Straße 5 direkt neben dem Kaiserhof, empfing die Kundschaft ein Duft aus frischem Gemüse mit einem Hauch Sauerkraut und eingelegten Salzgurken. Links auf der flachen Verkaufstheke thronte die große Tafelwaage und dahinter wirkte die Inhaberin Maria Mehler.
Es gab saisonales Obst und Gemüse, Kartoffeln, Weiß- und Rotkraut, Wirsing und Karotten („Gelberiebe“), Äpfel, Birnen, Kirschen, Trauben und was zur aktuellen Jahreszeit gerade reif war. Abgewogen wurde alles mithilfe verschieden schwerer Gewichte, bis die Tafelwaage in der Balance war. Niemand legte Wert auf das letzte zehntel Gramm.
Plastiktüten gab es auch nicht, vieles wurde einfach in die Hochheimer Zeitung eingepackt oder in braune dreieckige Papiertüten, die anschließend kunstvoll eingeschlagen wurden, damit nichts herausfiel. Auch die Eier kamen in die Papiertüte. Dazu wurden aktuelle Blumen angeboten.
Die alljährlichen Veranstaltungen bei der Kolpingfamilie im katholischen Vereinshaus in der Oster- und Adventszeit mit Ronald Zinnecker sind stets ein Renner. Der gelernte Florist hat ein kreatives Händchen und gibt sein Wissen, Kränze, Gestecke oder Blumengebinde ansprechend zu gestalten, gerne an die Teilnehmerinnen weiter. Archivfoto: Kolpingfamilie Hochheim
Anzeige aus dem Jahr 1932. Foto: Achim Munck
Anzeige aus dem Jahr 1952. Foto: Achim Munck
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Angefangen hatte es 1904, als Peter Sack am Ende der Wilhelmstraße seine Gärtnerei eröffnete und verkaufte, was auf seinen Äckern angebaut wurde. Sein Sohn Philipp fiel im Zweiten Weltkrieg, sodass dessen Frau Maria das Geschäft alleine weiterführen musste. Sie heiratete wieder und hieß dann Maria Mehler, das Geschäft wurde aber unter dem bekannten Namen P. Sack weitergeführt. Sie erweiterte den Geschäftsbetrieb im Jahr 1952 und mietete die Räume in der Frankfurter Straße 5 von Dr. Lembach an. Maria Mehler wurde tatkräftig von ihrer Tochter Margot und deren Mann Horst Zinnecker unterstützt. Margot übernahm die Geschäfte dann 1965. In diesen Jahren verlangte die Kundschaft bereits, dass bestimmte Waren das ganze Jahr über verfügbar waren und es wurde mehr und mehr Obst, Gemüse und auch Blumen zugekauft.
Damals wusste noch niemand, was eine Mango war
Zinneckers Sohn Ronald erlernte ab 1972 den Beruf des Groß- und Einzelhandelskaufmanns für Obst und Gemüse. Er erzählte, dass es in der Lehre sogenannte Exotenseminare gab, wo damals völlig unbekannte Südfrüchte vorgestellt wurden. „Damals wusste hier noch niemand, was eine Mango war.“ Ronald übernahm 1977 das neu eröffnete Geschäft im neuen Haus am alten Standort in der Wilhelmstraße mit einer zusätzlichen Blumenabteilung, die sogar einen eigenen Eingang hatte. Um hier professionell auftreten zu können, absolvierte er neben dem Tagesgeschäft eine zweite Ausbildung zum Floristen, damals noch ein exotischer Beruf für Männer. „Wenn ich schon Blumen verkaufe, dann lerne ich das auch von der Pike auf,“ begründet Ronald Zinnecker seine damalige Motivation. Er erwarb sogar die Eignung als Ausbilder und unterstützte etliche junge Leute, meist immer noch junge Frauen, beim Start ins Floristinnen- und Floristenleben.
1995 war Schluss in der Frankfurter Straße
Die beiden Läden wurden parallel geführt, bis Rolf Kyritz 1995 in seiner Kaiserhofgalerie einige nötige Renovierungsarbeiten durchführen musste. Er fragte, ob es möglich sei, dass Zinneckers das Geschäft für vier oder vielleicht acht Wochen schließen könnten, bis unter anderem die marode Torfahrt links vom Laden stabilisiert war. „Das hat uns dann so gut gefallen und das neue Geschäft lief so gut, dass wir in der Frankfurter Straße erst gar nicht mehr aufgemacht haben,“ erzählte Margot Zinnecker.
Sein Markenzeichen sind die Sandalen
Der neue große Laden wurde in der Tat gut angenommen, auch die entspannte Parkplatzsituation am Weiher trug zur Akzeptanz bei. Als der Senior Horst Zinnecker kürzertreten musste, stellte Ronald Anfang der 2000er Jahre den Verkauf von Obst und Gemüse ein und konzentrierte sich ganz auf das Geschäft mit Schnitt- und Topfblumen, Gestecken und auch Kränzen. Man konnte einfach einen fertigen Strauß kaufen oder individuelle Wünsche äußern und beobachten, wie der gelernte Florist die Blumen geschickt arrangierte und dabei über die neuesten Hochheimer Ereignisse plaudern. Ronalds Markenzeichen sind immer noch die ganzjährig, auch bei Frost getragenen Sandalen.
Nach der endgültigen Schließung des Geschäfts am 31.12.2021 freut er sich darauf, dass er auch die Großkampftage der Blumenhändler, Ostern, Pfingsten und insbesondere Mutter- und Valentinstag genießen kann, anstatt mitten in der Nacht im Blumengroßmarkt einkaufen zu müssen.