Endlich wieder Glühwein trinken, Bratwurst essen und Riesenrad fahren
Von Annette Zwaack
Zu Füßen des Europa-Riesenrads war die Bühne aufgebaut, von der aus Bürgermeister Dirk Westedt und die Weinmajestäten die Gäste aus nah und fern begrüßten.
(Fotos: Annette Zwaack)
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HOCHHEIM - Mit ein wenig Verspätung kamen sie dann doch noch, die fünf Böllerschüsse, die den Beginn des Marktes verkünden. Bürgermeister Dirk Westedt wusste die Verspätung gut zu nutzen und dankte allen Beteiligten, die für den reibungslosen Ablauf zuständig sind. Dazu gehörten neben den Chorgeistern mit ihren Fanfaren auch Thomas Roie, Vorsitzender des Schaustellerverbandes, der zuvor kenntnisreich und unterhaltsam die Parade der Oldtimer-Traktoren kommentiert hatte, und Thomas Pokoyski für das Team der Marktleitung.
Ihm, Westedt, sei die Kritik zu Ohren gekommen, rund um Frankfurt gebe es keine Halteverbotsschilder mehr, die seien alle in Hochheim. „Ich bitte Sie um ihr Verständnis, das trägt zu Ihrer Sicherheit bei“, erklärte er die notwendigen Maßnahmen, Rettungswege und Ausfahrten freizuhalten. Eine besondere Einladung sprach er für den Besuch des Viehmarkts aus, der mit den vielen Ausstellern unbedingt zu empfehlen sei.
Westedt verwies dann noch darauf, dass für das gute Wetter der Bürgermeister und für das schlechte Wetter der Pfarrer zuständig sei.
Ich fliege ...
Also war am Freitag noch der Pfarrer zuständig, Friedhelm Meudt, der zusammen mit seinen Kolleginnen – der Schaustellerpfarrerin Christine Beutler-Lotz und der Hochheimer Pfarrerin Mirjam Ambrozic und Spezial-Vikarin Stefanie Eberhardt, ebenfalls von der Schaustellerseelsorge – den Markt-Eröffnungs-Gottesdienst gestaltet hatte. Empfangen wurde die ökumenische Gemeinde mit dem Lied „Volare“, das in das Thema „Ich fliege ... das Leben ist schön“ musikalisch einstimmte. Fliegen können, frei sein, sorgenfrei, das möchte jeder, doch die Sorgen bleiben nicht aus, weder bei den Besuchern des Marktes, den Schaustellern und Händlern, in der Jugend, im Alter ... Von ihren eigenen Erfahrungen sprachen die Seelsorgerinnen, der Seelsorger und vom Vertrauen, dass alle Sorgen der Welt zu meistern sind, wenn man innerlich die Gewissheit habe, dass Gott den Menschen trägt und hält.
Zu Füßen des Europa-Riesenrads war die Bühne aufgebaut, von der aus Bürgermeister Dirk Westedt und die Weinmajestäten die Gäste aus nah und fern begrüßten. Fotos: Annette Zwaack
Das Festzelt der Familie Hausmann war proppenvoll zum Marktgottesdienst, als um friedliche, unfallfreie, freudige Stunden in gutem Miteinander gebetet wurde.
Besonders stolz ist Familie Roie auf ihre topgepflegten Oldtimer-Zugmaschinen. Nummer eins der Parade trug die Fahne der Schaustellervereinigung.
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Mit dem gemeinsamen Vaterunser und dem textlich angepassten „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber Gottes Liebe nicht ...“ wurde die Gebetsgemeinde entlassen. An den Ausgängen standen Engagierte der beiden Hochheimer Gemeinden mit den Kollektenkörbchen. Die Kollekte war je zur Hälfte für die Caritas-Sozialstation Flörsheim-Hochheim und für die Evangelische Schaustellerseelsorge bestimmt.
Begrüßung durch die Weinmajestäten
„Ein Jahr haben wir uns auf den Markt gefreut“, bekannte Weinkönigin Anna I. und ergänzte: „Hochheimer Markt bedeutet für mich den typischen Hochheimer-Markt-Geruch in der Luft zu riechen und mehr Zeit auf dem Markt zu verbringen als zuhause. Endlich wieder Glühwein trinken, Bratwurst essen und Riesenrad fahren!“ Den Wünschen für vergnügliche Markttage schlossen sich die Weinprinzessinnen Jana und Viktoria an.
GESCHICHTLICHES I
Es sind nunmehr 400 Jahre, daß Kaiser Friedrich, nach Beilage III am 19. Juni 1484, „seinen und des Reiches lieben getreuen Schulteis, Gericht und Gemeinde zu Hochheim auf demüthgliches Bitten und Anrufen zur Förderung des gemeinen Nutzen des Dorfes“ die Abhaltung zweier Jahrmärkte, den einen um Pfingsten, den anderen um Simon und Judas, gestattet.
Wegen vorgekommener Ausschreitungen hob sie das Domcapitel später auf und führte sie 1576 erst wieder ein, auch verlegte es 1614 den unpassend in die Erntezeit fallenden zweiten Markt auf Montag nach Allerseelen.
(aus: Th. Schüler, Geschichte der Stadt Hochheim am Main, 1887, Nachdruck 1984, Seite 94)
Geschichtliches II
Der erste bedeutendere Markt, den man nach dem Dreißigjährigen Kriege abhalten konnte, war der Johannismarkt des Jahres 1653. Er wurde in den umliegenden Ortschaften unter Trommel- und Trompetenschall angekündigt und auch in Wiesbaden von einem Trompeter unter Begleitung eines Gerichtsmannes „ausgeblasen“, wofür diesem der dortige Keller 3 fl. verehrte ...
1737 ordnete das Domcapitel zu den beiden alten zwei neue Märkte an; seitdem fiel der erste acht Tage nach Ostermontag, der zweite vierzehn Tage nach Pfingstmontag, der dritte auf den dritten Montag des Monats September, der vierte auf Montag nach Allerseelen ... Sie fanden aber keinen Anklang und mussten wieder aufgehoben werden. Auch der Frühjahrsmarkt ging später ein.
(aus: Th. Schüler, Geschichte der Stadt Hochheim am Main, 1887, Nachdruck 1984, Seite 94 f)
Nicht fehlen durfte an diesem Morgen auch der Fanfarenzug Chorgeist – die Männer und Frauen in roten Westen sind nicht wegzudenken von offiziellen Anlässen in der Wein- und Sektstadt. Die schmissigen Fanfaren heizten die Stimmung des Publikums zusätzlich an. Direkt am Riesenrad warteten die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung auf den wichtigen Moment. Vor dem Festzelt hatte man sich mittlerweile mit einem Gläschen Wein und kleinen Häppchen gestärkt für die wichtigsten Worte: „Der 535. Hochheimer Markt ist eröffnet!“