Hubert Klupsch zeigt einige seiner Briefmarkenalben. Er war dienstältester Vorsitzende in Hochheims Vereinswelt. 52 Jahre lang. Um die ungeheure Zeitspanne einmal prominent einzuordnen: Hubert Klubschs Amtszeit wehrte länger als die Dauer der Kanzlerschaft von Willi Brandt, Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel zusammengenommen.
(Foto: Dietmar Elsner)
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HOCHHEIM - Schon von weitem begrüßen von Hubert Klupsch gedrechselte und liebevoll ausgestattete Nussknacker im erzgebirgischen Stil den Besucher aus dem Fenster des Reihenhauses.
Der Kunstliebhaber ist seit 52 Jahren (!) Vorsitzender des Briefmarkensammlervereins Hochheim 1939. Genauer gesagt: Er war der Vorsitzende. Denn der Verein löste sich gerade auf.
Trotz Booster-Impfung trug Hubert Klupsch während des ganzen Gesprächs mit der Hochheimer Zeitung diszipliniert die FFP2-Maske und beantwortete trotz des eher traurigen Anlasses freundlich und eigentlich gut aufgelegt alle Fragen.
Warum wurde der Verein aufgelöst?
„Ich werde jetzt 84, es geht mir gesundheitlich nicht mehr so gut und es gibt keinen Ersatz für mich. Schon vor zwanzig Jahren stellte ich den Vorsitz zur Verfügung, aber niemand wollte mich ablösen. Die sagten einfach: Mach nur weiter so. Du machst das schon. Es ist schade drum. Aber irgendwann ist halt mit allem Schluss. Das muss man akzeptieren.“
Hubert Klupsch zeigt einige seiner Briefmarkenalben. Er war dienstältester Vorsitzende in Hochheims Vereinswelt. 52 Jahre lang. Um die ungeheure Zeitspanne einmal prominent einzuordnen: Hubert Klubschs Amtszeit wehrte länger als die Dauer der Kanzlerschaft von Willi Brandt, Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel zusammengenommen. Foto: Dietmar Elsner
Technologiebezogene Briefmarke aus dem Land des Dschingis Khan. Hält der mongolische Reiter etwa ein Smartphone in der Hand? Archivfoto: Jürgen Kunert
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Warum sammelt man überhaupt Briefmarken?
Klupsch lacht: „Weil es Spaß macht.“
Das hört sich durchaus ein wenig nach Selbstschutz an, denn aus wirtschaftlicher Sicht wären die jahrzehntelangen regelmäßigen Käufe der Postwertzeichen im Abonnement der Bundespost keine gute Investition gewesen. Viele glaubten an Wertsteigerungen, man sprach von der Aktie des kleinen Mannes. Aber seit den 1970er Jahren sinkt der Wert, weil die Nachfrage fehlt. Zwar gibt es auf Auktionen immer noch hochwertige „Raketen“, aber die landen nicht in den Alben der Sammler, sondern als Wertanlage in Tresoren.
Für die echten Briefmarkensammler haben die kleinen gezahnten Papierstücke ganz andere Reize. Sie sind ein Blick in unsere große bunte Welt und sorgen auf eine ganz besondere Weise für Wissen und Bildung. Viele Marken sind von renommierten Grafikern gestaltete Kunstwerke im Kleinformat. Die Fülle an Sammelgebieten und Motiven ist überwältigend.
Mehr als 300 Kategorien listet ein Auktionator auf seiner Internetseite auf. Eine kleine Auswahl: Brücken, Klöster, Kirchen, Denkmäler, Leuchttürme, Schlösser, Burgen, Feuerwehr, Muttertag, Karneval, Weihnachten, Militaria, Mythologie, Geschichte, Medizin, Umwelt, Mineralien, Religionen, Päpste, Königshäuser, Präsidenten, Nobelpreisträger, Wappen, Gemälde, Märchen, Puppen, Tanz, Film, Theater, Zirkus, mehr als 40 Sportarten, alle Olympischen Spiele von 1896 bis 2022, Blumen, Bäume, die ganze Tierwelt, Raumfahrt, Rotes Kreuz, Flugzeuge, Eisenbahnen, Schiffe, Welt- und Gartenbauausstellungen, Kommunikation, Astronomie, Physik, Energie und so weiter. Und das alles aus fast allen Ländern dieser Welt in Standard, Sonder- oder Wohlfahrtsmarken und als Ersttagsbriefe.
Warum gibt es so viele Briefmarken?
„Weil sie für die Post ein unheimlich gutes Geschäft sind. Briefmarken sind Gutscheine für Dienstleistungen, die sie nicht erbringen müssen, wenn sie postfrisch in einem Album landen.“
Woran erinnern Sie sich besonders gerne?
„1989 feierten wir unser 50-jähriges Jubiläum ganz groß. Das Katholische Vereinshaus war voll, Ehrengäste waren da und viele Vereinsmitglieder aus der Umgebung gratulierten. Das war ein Riesenaufwand. Sogar einen eigenen Ersttagsstempel hatten wir. Die ganze Vereinsgeschichte dokumentierte ich in einer handgeschriebenen Chronik.
Auch die monatlichen Tauschabende waren immer schön, das machte Freude. Früher waren wir um die 30 Mitglieder, bis auf eine Ausnahme nur Männer. Wir trafen uns im Frankfurter Hof, im Sportlerheim am Weiher, im Katholischen Vereinshaus und im Haus der Vereine.
Man kann ein allgemeines Vereinssterben beobachten. Auch in Hochheim. Vereine haben in der heutigen Gesellschaft nicht mehr die Bedeutung wie vor 50 Jahren. Die Auflösung des Vereins war übrigens nicht schwierig. Der Briefmarkensammlerverein Hochheim 1939 war kein eingetragener Verein. Ein Jurist hatte den Rat gegeben: Macht keinen e.V., da erspart ihr euch einen Haufen Arbeit.“