Freitag,
19.02.2021 - 00:00
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Gebäude von städtebaulicher Gestalt?
Von Jürgen Kunert
HOCHHEIM - In der vergangenen Stadtverordnetenversammlung brachte die SPD-Fraktion den Antrag für eine Erhaltungssatzung ein. „Es geht uns nicht nur um den Frankfurter Hof, es geht grundsätzlich darum, wie wir mit Bauvorhaben verfahren. Wir sollten als Stadt Einfluss nehmen können im Innenstadtbereich,“ begründete Hochheims SPD-Vorsitzender Jan Herfort das Anliegen seiner Partei.
„Die Grundidee zu diesem Antrag finden wir gut“, sagte FWG-Fraktionsvorsitzender Eric Müller. Eine Erhaltungssatzung sei zwar die „schärfste Waffe, die einer Kommune zur Verfügung steht“, mache die Stadt zugleich auch angreifbar. Das könnte bei konkreten Projekten im Falle eines Rechtsstreits dazu führen, dass in Konsequenz die Stadt eine Immobilie kaufen müsste, teilte Bürgermeister Dirk Westedt mit. Die Grüne-Stadtverordnete Birgit von Stern fand den Anstoß, den die SPD-Fraktion mit ihrem Antrag gegeben habe, „sehr gut. Ich befürchte aber, das könnte zu einer Überregulierung führen“. Als Bewohnerin der historischen Altstadt, deren Gebäude im Rahmen der Einfachen Stadterneuerung unter Denkmalschutz gestellt wurden, weiß sie um die weitreichenden Eingriffe, die eine Erhaltungssatzung mit sich bringt.
Da dieser Antrag massiv in Rechte von privaten Bauvorhaben eingreifen würde, signalisierten alle Fraktionen Beratungsbedarf. Der Antrag wurde deshalb nicht beschlossen, sondern zur weiteren Diskussion direkt in den Ausschuss für Bauen, Umwelt und Verkehr verwiesen. Das Projektvorhaben auf dem Grundstück des Frankfurter Hofes mag Auslöser für den konkreten Antrag der Sozialdemokraten gewesen sein. In Pressemitteilungen und auf der Homepage der Partei bekundet die SPD, dass man das Gebäude vor dem Abriss retten wolle. In der Stadtverordnetenversammlung beschlossen die Fraktionen, den Investor für den geplanten Neubau in die nächste Ausschusssitzung am Dienstag, den 23. Februar, einzuladen und ihm Gelegenheit zu geben, sein Bauvorhaben vorzustellen.
In der Zwischenzeit hat sich der Sohn der Eigentümerin des Frankfurter Hofs an die Presse gewandt. Er sieht die von der SPD ins Spiel gebrachte Diskussion um den Erhalt des Gebäudes dem nahenden Wahltermin geschuldet. Weder die alte Bausubstanz, die maroden Heizungs- und Sanitäranlagen, noch der ruinierte Dachstuhl geben es her, eine nachhaltige und wirtschaftliche Unterhaltung der Immobilie erzielen zu können. Eine grundlegende umfangreiche Sanierung, die auch die Fundamente miteinbeziehen müsste, stünde in keinem wirtschaftlichen Verhältnis.
Ob das Gebäude aus historischer oder architektonischer Sicht als erhaltenswürdig anzusehen wäre, darüber gab es bislang unter den Stadtverordneten noch kein öffentliches Statement, wohl aber Aussagen im informellen Kreis: Es sei vor allen Dingen um den Ensembleschutz mit den Innenhof und den beiden Bäumen gegangen. Das eigentliche Gebäude sei wohl kaum etwas wert, in wirtschaftlicher wie in architektonischer Hinsicht.
Bereits vor zwei Jahren wurde von der Eigentümerin mit dem Investor ein sinnvolles Konzept erarbeitet mit Wohnungen sowie der Räumlichkeiten für ein gastronomisches Angebot. Schon aus eigenem Interesse müsste der Investor das Konzept zeitnah dem Magistrat übermittelt haben, um Planungssicherheit zu erhalten. Nach den Diskussionen in den politischen Gremien der letzten Monate zu urteilen, insbesondere in Bezug auf den Erhalt der beiden Bäume, deren Fällungen in der Öffentlichkeit zu erheblicher Kritik führten, scheinen diese Planungen den Stadtverordneten nicht vorgelegen zu haben.
Am Dienstag bietet sich dem eingeladenen Investor Gelegenheit, alle offenen Fragen zu beantworten. Die Sozialdemokraten hatten bereits am 18. Februar im Zuge des Antrags zur Erstellung einer Erhaltungssatzung die Chance, darzulegen, weshalb dieses Bauwerk „das Stadtbild prägt und deshalb baurechtlich vor maßgeblichen Veränderungen zu schützen ist.“
Auf dem Weg zu einem Generalverkehrsplan?
Im vergangenen Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss wurde der Antrag der SPD-Fraktion, testweise für ein Jahr den verkehrsberuhigten Bereich in der Innenstadt auszudehnen bis zum Berliner Platz, vom Antragsteller ad acta gelegt. Dabei ging es weniger um die grundsätzliche Sinnhaftigkeit eines solchen Unterfangens als um die baurechtlichen Notwendigkeiten, die umgehend hätten umgesetzt werden müssen. Als Leiter der örtlichen Verkehrsbehörde hatte Bürgermeister Dirk Westedt zuvor eine Tischvorlage ausarbeiten lassen mit allen notwendigen baulichen Maßnahmen, die eine solche Testphase erfordert hätte. Vom Komplettrückbau des Fahrbahnbestandes bis hin zum Errichten eines kompletten neuen Aufbaus mit Pflaster und Asphalt. Die geschätzten Kosten würden mindestens 1,38 Millionen Euro betragen.
In der Sitzung entwickelte sich eine Diskussion um die Zukunft des innerstädtischen Verkehrs. Wie könne man Autos aus der Innenstadt heraushalten, wäre eine Entschleunigung auf den Ringstraßen durch Geschwindigkeitsbegrenzungen sinnvoll? Vieles klang nach einem Déjà-vu aus vergangenen Wahlperioden. Schließlich keimte die Idee eines Generalverkehrsplans auf. Ein Unterfangen, dessen zentrale Zielvorgaben politisch definiert werden müssten. Seit dem Hummelparkprojekt zeigt sich Benedikt Dorn (CDU) begeistert, Planungen an Hochschulen heranzutragen, um Professoren städtische Problemstellungen als Projekt im Rahmen akademischer Abschlussarbeiten anzudienen. Studierende hätten so die Chance, für ihren universitären Abschluss, sich mit einem praxisrelevanten Thema zu befassen. Für die Stadt Hochheim würde diese Zusammenarbeit überschaubare Kosten bedeuten, eine Win-Win-Situation, meinte der CDU-Stadtverordnete.
Vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen als langjähriger Stadtverordneter und dem damals diskutierten Datenmaterial der sogenannten Mensebach-Studien zur Verkehrssituation in der Stadt in den 1990er Jahren bremste Heinz-Michael Merkel (GAL/LINKE) die Euphorie des Christdemokraten. Die Ausarbeitung eines Generalverkehrsplans für Hochheim sollte professionell erstellt werden von Fachleuten, die über berufliche Erfahrung in diesem Handlungsfeld verfügten.
Ein Generalverkehrsplan sei wesentlich komplexer als die Gestaltung einer Parkfläche, gab Merkel zu bedenken.