Ausschnitt der Übersichtskarte aus der Denkmaltopographie für den Main-Taunus-Kreis, Stand Oktober 2020. Die Bedeutung der Farben: Die hellroten Bereiche kennzeichnen den Schutz von Gesamtanlagen, die roten Flächen zeigen die Kulturdenkmäler, die grünen Gebiete den Schutz von Grünflächen und Blau bedeutet der Schutz von Wasserflächen.
(Grafik: Landesamt Denkmalpflege Hessen)
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HOCHHEIM - Im kürzlich erschienenen Heft der Arbeitsgemeinschaft Alt-Hochheim geht deren Vorsitzender Klaus Umstätter ausführlich auf die Aspekte des Denkmalschutzes in Hochheim ein. Basis der Ausführungen ist die vom Landesamt für Denkmalpflege herausgegebene Denkmaltopographie für den Main-Taunus-Kreis. Verzeichnet sind für das Jahr 2003 in Hochheim 150 Einzeldenkmäler, weitere 40 für den Ortsteil Massenheim.
Dass diese historische Gesamtheit in Hochheim unter Denkmalschutz zu stellen war, wird durch § 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz bestimmt:
Abs. 1 Es ist die Aufgabe von Denkmalschutz und Denkmalpflege, die Kulturdenkmäler als Quellen und Zeugnisse menschlicher Geschichte und Entwicklung nach Maßgabe dieses Gesetzes zu schützen und zu erhalten sowie darauf hinzuwirken, dass sie in die städtebauliche Entwicklung, Raumordnung und den Erhalt der historisch gewachsenen Kulturlandschaft einbezogen werden.
Abs. 2 Bei der Erfüllung dieser Aufgaben wirken im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit das Land, die Gemeinden, die Gemeindeverbände, Ehrenamtliche in der Denkmalpflege sowie Eigentümer, Besitzerinnen und Besitzer von Kulturdenkmälern zusammen.
Ausschnitt der Übersichtskarte aus der Denkmaltopographie für den Main-Taunus-Kreis, Stand Oktober 2020. Die Bedeutung der Farben: Die hellroten Bereiche kennzeichnen den Schutz von Gesamtanlagen, die roten Flächen zeigen die Kulturdenkmäler, die grünen Gebiete den Schutz von Grünflächen und Blau bedeutet der Schutz von Wasserflächen. Grafik: Landesamt Denkmalpflege Hessen
Das Küsterhaus mit südlichem Stadttor als Beispiel eines Einzeldenkmals.
Das blau-weiße Denkmalschild am westlichen Beginn der Mainzer Straße als Hinweis auf den geschützten Bereich der Altstadt.
Aus Anlass ihres 80-jährigen Jubiläums ließ die Arbeitsgemeinschaft Alt-Hochheim diesen Bildstock aus dem Jahr 1512 in den Weinbergen restaurieren. Foto: Jürgen Kunert
Beispiel einer „Bausünde“ in Gestalt eines Neubaus (nach Abriss barocker Bausubstanz) in der Umgebung von Altstadtbauten. Fotos: Arbeitsgemeinschaft Alt-Hochheim
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In einer der Denkmaltopographie entnommenen farbigen Übersichtskarte stellen sich die geschützten Bereiche wie folgt dar:
Hellrot: Schutz von Gesamtanlagen
Rot: Schutz von Kulturdenkmalen
Grün: Schutz von Grünflächen
Blau: Schutz von Wasserflächen.
Gesamtanlagen
Gesamtanlagen nach § 2 Absatz 3 des Hessischen Denkmalschutzgesetzes sind Kulturdenkmäler, die aus baulichen Anlagen einschließlich der mit ihnen verbundenen Grün-, Frei- und Wasserflächen bestehen und an deren Erhalt im Ganzen aus geschichtlichen oder künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse besteht. Die in der Karte hellrot markierte Gesamtanlage Hochheim umfasst den alten Ortskern in seiner ehemals von der Stadtmauer begrenzten Ausdehnung. Somit wird hier als wesentliches Element auch die mittelalterliche Straßenstruktur geschützt. Im Westen und Norden greift sie darüber hinaus auf Bebauungen des 19. Jahrhunderts über.
Die Gesamtanlage wird sogar für so wertvoll erachtet, dass sie unter den Schutz der „Genfer Konvention“ gestellt wurde, das heißt Schutz im Falle von Krieg oder militärischen Konflikten, insbesondere vor Zerstörung. Deshalb sind vor allen Hauptzugangsstraßen des geschützten Bereichs blau-weiße Denkmalschilder angebracht.
Einen weiteren unter Schutz gestellten Teil bildet die Gesamtanlage Bahnhofstraße und Weinberge, letztere mit ihren darin gelegenen Klein- und Flurdenkmälern.
Kulturdenkmäler
Kulturdenkmäler nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz, in der Übersichtskarte rot markiert, sind jene rund 180 eingangs erwähnte Objekte, die im Folgenden als Einzeldenkmäler bezeichnet werden. Während die Gesamtanlage vor allem in ihrem äußeren Erscheinungsbild und im Bezug untereinander geschützt ist, wird bei Einzeldenkmälern in zusätzlicher Weise die Gesamtheit des einzelnen Objekts erfasst, d. h. bei Gebäuden also auch die innere Ausstattung und Gestaltung. Das können dann beispielsweise auch Malereien, Holzvertäfelungen, Kachelungen oder eine besondere Treppenhauskonstruktion sein. Pauschalierungen sind hier nicht möglich, da die Gegebenheiten des Einzelfalls bewertet werden müssen. Überragendes Beispiel eines Hochheimer Einzeldenkmals ist die katholische Kirche St. Peter und Paul, die wegen ihrer Deckengemälde als Denkmal von nationalem Rang bewertet ist.
Grünfläche und Wasserfläche
Grünfläche, in der Übersichtskarte grün markiert, ist im Falle Hochheims das alte Weinbergsgebiet am Südhang. Weinbau und Weinhandel sowie das Sektgeschäft sind so eng mit der Existenz und dem Bekanntheitsgrad des Ortes verwoben, dass sie im Zusammenhang zu betrachten sind.
Wasserfläche, in der Übersichtskarte blau markiert, ist im Falle Hochheims ein Teil des an der Gemarkungsgrenze fließenden Mains etwa bis zur heutigen Kläranlage.
Warum Denkmalschutz?
Wie sinnvoll Denkmalschutz für die Bewahrung der Zeugnisse der geschichtlichen und kulturellen Entwicklung Hochheims ist, kann gut nachvollzogen werden. Wie würde sich unsere Heimatstadt definieren ohne ihre Weinberge, die doch beispielsweise exzellentes Baugelände wären? Oder wie sähe eine verkehrsgerecht angelegte Altstadt nach dem Abriss von Häusern und Weinhöfen, was in den 1960er Jahren von besonnenen Köpfen noch verhindert werden konnte, heute aus? Einige in diesem Sinne als „Bausünden“ zu bezeichnende dortige Neubauten sind augenfällige Zeugen dafür, was ohne die in den 1970er Jahren aktiv gewordene Hessische Denkmalschutzbehörde noch Schlimmeres hätte passieren können.
Nun hat das öffentliche Interesse am Denkmalerhalt zwangsläufig auch Auswirkungen für die Eigentümer oder Besitzer, die sich sowohl als Pflichten aber auch als Rechte darstellen. Zu den Pflichten gehören insbesondere die zur Erhaltung (soweit diese im zumutbaren Rahmen liegen) sowie Auskunfts- und Anzeigeverpflichtungen, letztere bei Vorkommen substanzbeeinträchtigender Schäden und Mängel und bei Veräußerung. Außerdem bestehen Genehmigungspflichten, beispielsweise für Beseitigung, Umgestaltung oder Instandsetzung, die sich in Hochheim auch für eine große Anzahl von Gebäudeeigentümern ergeben. Bei Nichteinhaltung von Verpflichtungen können Ordnungswidrigkeitenverstöße verfolgt werden.
Andererseits können für Aufwendungen an der denkmalgeschützten Substanz steuerliche Erleichterungen beansprucht und je nach Vorhandensein und Umfang öffentliche Zuschüsse für den denkmalbedingten Mehraufwand von Maßnahmen beantragt werden. Nicht zu unterschätzen ist ferner die Möglichkeit der kostenlosen Inanspruchnahme breiter fachkundiger Beratung durch die Denkmalschützer, die durchaus auch die wirtschaftliche Situation des Eigentümers berücksichtigen kann. Gerade Erwerbern von Denkmälern mit geplanten Änderungsabsichten sei die vorherige Abstimmung mit der Denkmalbehörde empfohlen. Wir, als Arbeitsgemeinschaft Alt-Hochheim, haben diesen Weg im Zuge der Sanierung von zwei Denkmälern in Hochheim beschritten und gute Erfahrungen gemacht. Die zuständige Untere Denkmalschutzbehörde hat ihren Sitz in Hofheim am Taunus, Am Kreishaus 1–5
Bezogen auf die Wohnhäuser in unserer Hochheimer Altstadt ist trotz der bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen das Leben und Wohnen in einem Denkmal etwas Besonderes und bei vielen Menschen beliebt. Jedes Denkmal bietet seinen eigenen Stil, eine besondere Atmosphäre und Denkmale sind nicht vermehrbar. Kaum ein Bewohner würde sein Unikat gegen ein Haus von der Stange tauschen wollen. Selbst scheinbare Nachteile, wie das engere Nebeneinander oder begrenzter Parkraum werden offenbar von ideellen Vorteilen überwogen.
Pilotprojekte
Die allgemeine Neuausrichtung im Nachkriegsdenken, hin zur Erhaltung und Attraktivmachung historischer Bestände, fiel in Hochheim auf besonders fruchtbaren Boden. 1977 installierte die Stadt eine Altstadtberatungsstelle und schuf im Folgenden durch die Sanierung des Küsterhauses mit dem südlichen Stadttor und des Wohnhauses Kirchstraße 16 / Ecke Wintergasse zwei beispielgebende Pilotprojekte. Aus dem Fördertopf des Landes Hessen für Einfache Stadterneuerung wurden Millionenbeträge für viele nunmehr sanierungswillige Eigentümer besorgt und um städtische Mittel ergänzt. Dadurch konnten Haussanierer mit bis zu 30 Prozent der förderungswürdigen Kosten bezuschusst werden. Förderungswürdig waren nicht nur die äußerlichen Gestaltungen, sondern auch den Wohnwert verbessernde Maßnahmen, wie Bädermodernisierungen oder Zentralheizungseinbauten. Sogar eigene geleistete Arbeitsstunden konnten geltend gemacht werden. Parallel investierte die Stadt mit einer altstadtgerechten Pflasterung in die Straßeninfrastruktur. Für deren Beleuchtung wurde eine eigene Hochheim-Laterne kreiert. So haben Eigentümer, Bewohner und die Öffentliche Hand in gemeinschaftlichem Engagement unsere liebenswerte Altstadt aus einem Dornröschenschlaf erweckt. Das Ergebnis kann sich wahrlich sehen lassen und hat nicht unwesentlich zu unserem jüngsten Titel „Anerkannter Touristenort“ beigetragen.
Abschließend sei noch der Hinweis auf einen allgemeinen denkmalpflegerischen Aspekt erlaubt, der wichtig ist und es verdient stärker in das Bewusstsein gerufen zu werden. Im ökologischen Sinne betrachtet sind unsere Wohndenkmäler allein schon wegen ihres Alters als nachhaltig anzusehen. Darüber hinaus wird auch bei Sanierungen regelmäßig nach dem Grundsatz „Reparatur vor Erneuerung“ verfahren wodurch Ressourcen geschont werden. Nach Ermittlungen der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz werden bei Sanierungen durchschnittlich Zweidrittel an Materialien gegenüber einem Neubau gespart.