Freitag,
24.07.2020 - 00:00
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Immer auf der Suche nach Worten, die durchs Leben tragen. Pfarrerin Christiane Monz-Gehring verlässt Hochheim und freut sich auf neue Perspektiven im Ruhestand
Von Annette Zwaack

Pfarrerin Christiane Monz-Gehring wird am 1. September ihre Tätigkeit in der evangelischen Gemeinde beenden und den Ruhestand „ausprobieren“. (Foto: Annette Zwaack)
HOCHHEIM - Als Christiane Monz-Gehring im Februar 2003 ihren Dienst als Pfarrerin in Hochheim begann, legte ihr der damalige Kirchenvorstand in einem der ersten Gespräche zwei Themen ans Herz: die Ökumene und die Konfiarbeit. Wie sehr die evangelische Theologin genau diesem Wunsch entsprochen hat und sich dieser zwei Seelsorge-Felder angenommen hat, entdeckt man deutlich im Fotoarchiv dieser Zeitung: vorwiegend sind es Erinnerungsfotos an Konfirmationen und Belege für die intensive Zusammenarbeit der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden hier in Hochheim.
Im Gespräch bestätigt sie, dass das Zwischenmenschliche von Anfang an passte, egal ob in den Teams der Hauptamtlichen oder auf ehrenamtlicher Ebene. Unaufgeregt konnte man sich eingestehen, dass es in den jeweiligen Kirchen Dinge gibt, die anders sind, „Aber, was irgendwie geht, das machen wir gemeinsam“, war die Vereinbarung, und so wurde der diakonische Auftrag auf evangelischer Seite und der caritative Auftrag auf katholischer Seite im ökumenischen Sozialausschuss zusammengeführt, bestätigt Pfarrerin Monz-Gehring. Eine fruchtbringende Kooperation, denkt man an den Ökumenischen Mittagstisch, die Senioren-Adventsfeier, das Engagement für die Flüchtlinge mit dem Café Vielfalt und weiteren Hilfsangeboten, den Umsonstladen ... Der Runde Tisch Ökumene, dessen Leitung die engagierte Pfarrerin bis jetzt innehatte, startete 2006 und lud 2008 zu dem ersten der dann noch folgenden außergewöhnlichen Projekte: „Herr, gib uns Mut zum Brückenbauen“ – es brachte die Menschen in Hochheim zusammen. Die Flyer der einzelnen Projekte zeugen von großer Kreativität und vom Ideenreichtum des Ausschusses. Besonders glücklich war Christiane Monz-Gehring, dass es ihr vor ihrer Pensionierung noch gelang, das internationale Projekt „Before I die“ nach Hochheim zu holen. Viele werden sich an die Tafeln erinnern, die im Juni 2019 an der Malzfabrik aufgestellt waren und auf die man seine großen und kleinen Wünsche schreiben konnte, die man vor dem Tod noch erfüllt sehen wollte.
Herzens- angelegenheiten
Als Herzensangelegenheit bezeichnet Pfarrerin Monz-Gehring in ihrem Beruf die Gottesdienstfeiern, die Komposition der Liturgie mit den Texten, Liedern, Psalmen und der Predigt. Wie sich daraus denn ganze Predigtreihen entwickeln können. Und wie bereichernd es ist, wenn aus der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen Formate entstehen, die zum spirituellen Erlebnis und Ort werden. So sei es ihr mit der „Oase am Abend“ gegangen, die sie zuerst mit Pfarrerin Sarah Kirchhoff und später auch mit Pfarrerin Mirjam Müller im Wechsel gestaltete. „Zu schauen, was diese biblischen Worte für das eigene Leben bedeuten, wie tragfähig sie sind“, so erklärt Monz-Gehring die Bedeutung des Austauschs in einer solchen Gruppe – 75 Oasen-Abende hatte es gegeben.
„Aber es hört durch mein Weggehen ja nicht alles auf, was ich geleitet habe, sondern ein überaus kompetenter Kirchenvorstand wird die Gemeinde weiterführen und verschiedene Ehrenamtliche übernehmen neue Verantwortung“, lenkt die Pfarrerin ein, obwohl sie traurig ist, dass bisher keine Nachfolgerin, kein Nachfolger für ihre Stelle gefunden werden konnte.
„Ich habe jetzt mehr Zeit, familiäre und freundschaftliche Kontakte zu pflegen!“, freut sich die Theologin und: „Ich habe mehr Zeit zum Schwimmen, zum Radfahren – in Babenhausen, dem neuen Wohnort – gibt es sogar ein Freibad. Und es bleibt Zeit, zurückzublicken: Was sind diese 35 Jahre Berufsleben gewesen?“, fragt sie nachdenklich.
Das Studium der Theologie und der Beruf der Pfarrerin war Christiane Monz-Gehring nicht in die Wiege gelegt. Sie erlebte in ihrem Geburtsort Schlüchtern die einfache Frömmigkeit ihrer Mutter und Großmutter, beide lebten ihre Leben ohne große Worte, aber im Vertrauen auf Gott und gestalteten so ihren Alltag.
Ermutigende Erfahrungen
Eine Freundin konfrontierte sie einige Monate vor dem Abitur mit der Frage: „Warum studierst du eigentlich nicht Theologie?“, denn diese hatte den Wissensdurst der Abiturientin an deren Fragen über Gott erkannt. Zwar gab es Interesse an der Gestaltung von Kindergottesdiensten nach der eigenen Konfizeit, überzeugend war dann ein Gemeindepfarrer, der zugleich ihr Religionslehrer war und der ihr die Grundbotschaft vermittelte: „Wir sind alle Gottes geliebte Menschen – vor aller Leistung!“ Wissenschaftliche Entdeckungslust führte sie zum Studium nach Marburg, doch der Wunsch und das eigene Zutrauen, als Gemeindepfarrerin arbeiten zu wollen, reiften erst im Vikariat. Ermutigende und gute Erfahrungen mit dem Ausbildungspfarrer sowie der Vikariatsgemeinde und die Entdeckung, dass dieser Beruf Chancen für ununterbrochene Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten bietet, überzeugten sie in der Entscheidung.
Mit Dankbarkeit spricht Christiane Monz-Gehring über ihren Mann Andreas, den sie ein Jahr vor ihrem Examen in Marburg kennenlernte. Sein Beruf, dessen zeitlicher Umfang sich gut an die Betreuungsbedürfnisse der beiden Söhne anpassen ließ, machte es möglich, dass seine Frau, die Pfarrerin, sich voll ihrer Profession widmen konnte.
Die Tatsache, als Frau, verheiratet, mit Kindern, eine Gemeinde-Pfarrstelle innezuhaben, war zu Anfang des Berufslebens von Christiane Monz-Gehring möglich, aber noch nicht unbedingt üblich. Die EKHN hatte als erste Gliedkirche der EKD 1971 Männer und Frauen im Pfarramt rechtlich gleichgestellt. Pfarrerinnen in der evangelischen Kirche hatten sich das erkämpft – in diesem männerdominierten Beruf. Sie erinnert sich gut an Vorurteile, als man ihr als junge Pfarrerin bei einem Trauergespräch eher skeptisch begegnete, als wäre erst noch zu beweisen, dass Frauen im Pfarramt Gutes zu geben haben.
Heute kann sie über diese Ressentiments nur noch schmunzeln. Ein reiches Berufsleben, unzählige tiefe und gute Begegnungen haben ihr immer wieder die Schönheit ihres Berufs vor Augen geführt und ihr eigenes Glaubensleben verändert. Der Abschied fällt ihr nicht leicht. Aber sie ist froh, dass sich nach den heftigen Corona-Einschränkungen nun doch wieder verschiedene Gruppen treffen können, Gottesdienste gefeiert werden können und auch einzelne Besuche – wenn auch auf Distanz – möglich sind. So wird aus dem, was durch die Corona-Pandemie wie Abbruch erschien, nun doch ein jeweils gestalteter Abschied. Froh hat sie Ende Mai der Gottesdienst im Innenhof des EVIM-Seniorenzentrums gemacht, zumal ihre Mutter dort lebt. Ein weiterer wird Anfang August noch gefeiert. Der große Abschied folgt Ende August, wenn alle aus den Ferien zurück sind. In bester ökumenischer Tradition bekommt die evangelische Pfarrerin ihr Adieu in St. Peter und Paul – das ist der größte Raum, der bei den Distanzregeln noch Begegnung zulässt.
„Niemals geht man so ganz“, heißt es in einem Lied, und weiter: „irgendwas von mir bleibt hier“ – das trifft in besonderem Maß auf Christiane Monz-Gehring zu: Die Spuren ihres Engagements für die Menschen im Sinne der frohen Botschaft Jesu Christi bleiben hilfreich für Wege in die Zukunft mit ihren Herausforderungen.