Tanz und Theater gehen auch unter Corona-Bedingungen. Die Teilnehmer der Kinderakademie bewiesen es vor der Turnhalle an der zwar kalten, aber frischen Luft. Diszipliniert mit Mund- und Nasenschutz und reichlich Abstand feierten sie beim Tanz um den gelben Briefkasten ausgelassen ihre „Good News“, ihre guten Botschaften an die Welt.
(Foto: Dietmar Elsner)
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HOCHHEIM - Man ruft die Einladungs-E-Mail auf, klickt den Link für „GoToMeeting“ und sieht das eigene Bild durch die eingebaute Kamera. Ein Klick auf „bereit“ reicht, um den digitalen Meeting-Raum der Kinderakademie der Heinrich-von-Brentano-Schule zu betreten. Schon winken und grüßen Schüler, Lehrer und Künstler aus den kleinen Bildern mit einem fröhlichen „Hallo!“
Birgit von Stern, Hochheimer Stadtverordnete und Mitglied der Grünen-Fraktion, war so am 17. November als Expertin eingeladen worden. Die Kinderakademie „FLUX – Theater und Schule“ behandelte nämlich neben „Good News/Bad News“ auch das Thema „Nachhaltigkeit“. Genau dazu stand von Stern in diesem virtuellen Meetingraum den Schülern Rede und Antwort.
Schon nach einer kurzen Aufwärmrunde stellten die meist elfjährigen Interviewer ihre durchaus auch mal persönlichen Fragen. Es ging unter anderem um Weggeworfenes, Plastikverpackungen, Fernflüge und Ernährung. Die Hochheimer Grünen-Politikerin antwortete geduldig, erzählte vom Camping und dem Urlaub auf dem Bauernhof, dass sie auf Bio-Lebensmittel achtet und dass das Fleisch nur von Tieren kommt, die gut gehalten wurden und ein gutes Leben hatten. Sie erzählte von den Anfängen ihres Engagements für die Umwelt zur Zeit der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986, protestierte mehrfach mit der Antiatombewegung in Gorleben, berichtete über heimische Müllsammelaktionen mit Schülern oder auch mal alleine. Entsetzt beobachtete sie, wie eine Hochzeitsgesellschaft vor dem Standesamt eine Flut von Zigarettenkippen hinterließ. Aber sie freute sich auch, dass inzwischen viele Kinder, auch ihre, auf die Natur und die Umwelt achten. Zum Abschied bekam sie eine große Tschüss-Rakete mit vibrierenden Händen vor den Kameras.
Flux führt in jedem Jahr eine von der Hessischen Landesregierung geförderte Kinderakademie durch. In diesem Jahr in Hochheim. Die künstlerische Leitung haben die freischaffende Theatermacherin Hannah Schassner und die Regisseurin Antigone Akgün, kreativ und organisatorisch unterstützt von der Theaterlehrerin Nina Hahn, der unermüdlich treibenden Kraft vieler Kunstprojekte. Sie wird vor Ort die „Challenges“ mit Hannah Schassner (digital) noch bis zum Jahresende begleiten.
24 Schüler der Klassenstufe 5 der Brentanoschule und 21 Schüler der veriten Klasse der Weinbergschule beteiligen sich, außerdem noch zehn Kinder der Dieffenbachgrundschule in Schlitz, betreut von der Choreografin der Akademie, Annika Keidel.
Die Kinderakademien sollen besonders motivierte, begabte und kreative Kinder entdecken und fördern, ihre Interessengebiete erweitern und sie an analytisch-forschendes Denken heranführen. Dabei sollen sie lernen und üben, wie man frei spricht und etwas präsentiert.
Pandemiebedingt testeten und übten die Schüler und Erwachsenen geeignete digitale Unterrichtsformen. Durchaus mit Erfolg. Sie brachten seit September fachübergreifend in Musik, Sport, Deutsch, Biologie, sowie im Kunst- und Theaterunterricht viele eigene kreative Ideen in die Akademie ein. Sie schrieben sich ganz analog gegenseitig „Good/Bad News“ mit Kreide auf den Boden im Pausenhof, führten digitale Interviews mit Experten und präsentierten am Freitag eine getanzte Abschluss-Performance im Freien vor der Kreissporthalle. Immer unter Einhaltung der Corona-Auflagen mit Mundschutz und Abstand. Als dauerhaften Nachklang werden die Schüler und Organisatoren einen dokumentarischen Film erstellen.
Am nächsten Tag interviewten die Schüler den für die Hochheimer Zeitung schreibenden Dietmar Elsner zum Thema Good/Bad News. Er behauptete, dass die Welt keineswegs so schlecht sei, wie sie in den Medien dargestellt wird. Katastrophen, Terrorismus, Straftaten und schreckliche Unfälle seien nun mal interessanter als gute Nachrichten. Die Hochheimer Zeitung habe das nicht nötig. In der aktuellen Ausgabe standen den 25 Good News nur vier Bad News gegenüber. Er gab Tipps, wie man in den Medien Wahrheit von Lügen unterscheiden könne und wies auf spezielle Internetportale hin wie den „ARD Faktenfinder“, „Lügen im Internet erkennen“ vom BR oder den SWR „Fakefinder“. Fast 40 Minuten lang hatte er recht direkte Fragen zu beantworten, wie zum Beispiel: „Wie alt sind Sie?“ Er erklärte, dass man vor dem Alter keine Angst haben muss, er zum Beispiel sei im 80. Lebensjahr noch fit. Allerdings sollte man nicht rauchen, nur mäßig Alkohol trinken und seinen Körper durch Bewegung fit halten. Er berichtete aus seinem Berufsleben, von seinen Romanen, erzählte, wie er zur Zeitung kam und dass er mittlerweile bereits mehr als 500 Artikel geschrieben hat. Gefragt wurde auch, ob er schon mal die Unwahrheit geschrieben hätte, ob er bedroht wurde und ob er nicht lieber für eine größere Zeitung schreiben möchte.
Am Donnerstag besprachen die Kinder noch einmal die Tanzaufführung mit der Choreografin Annika Keidel in Schlitz, wieder digital.
Am vergangenen Freitag fand dann auf dem Pausenhof der Brentano-Schule die große Abschlusspräsentation mit der getanzten Performance statt. Entlang von Kreidelinien brachten die Schüler ihre News zum gelben Briefkasten, alle sprangen bei den „Good News“ in die Luft und duckten sich vor den schlimmen Nachrichten. Die vielen eingeworfenen Botschaften gehen an heimische Schulklassen, aber auch hinaus zu gesammelten Anschriften in der weiten Welt.
Dort sollen sie Arbeitszimmer oder Kühlschranktüren zieren und fotografiert als Facebook- oder Instagram-Posts mit einer kleinen Story versehen wieder nach Hause zurückkehren. Online oder als Brief aus Papier.