Neu gegründete inklusive und freie Schule braucht Unterstützung
Die Eltern der Gründerinitiative „Wildwuchs“ freuen sich schon auf den Start.
(Foto: Initiative Wildwuchs)
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HOCHHEIM - (red). Hochheim bekommt Zuwachs. Und damit ist nicht die Boris Becker Internation Tennis Academy gemeint. Die Stadt bekommt 2021 eine inklusive, freie Schule. Möglich gemacht haben das ein Team junger Eltern unter dem Namen „Initiative Wildwuchs“, und zwei Doktorinnen als Gründerinnen.
Doch der Reihe nach: Oliver Müller, geboren und aufgewachsen in Hochheim, ist der Stellvertreter der Gemeinschaft von Eltern schulpflichtiger Kinder. Der Vater von zwei kleinen Kindern sagt: „Es geht um ein junges, dynamisches Team mit außergewöhnlicher Expertise. Sie sind selbst Eltern, die sich auf den Weg gemacht haben, um Hochheim noch attraktiver und vielfältiger werden zu lassen.“
Das Ziel der Initiative: Mit mindestens zwanzig Kindern im Sommer in den Schulalltag zu starten; mit einer Schule, die inklusiv aufgestellt ist und selbstbestimmtes Lernen fördert. Einige der Eltern durften die beiden Gründerinnen auf dem Weg begleiten und erleben im Rahmen ihrer Unterstützung, wie viel Kosten und Mühe es sein müssen, eine „freie“ Schule ins Leben zu rufen. Theoretisch könnte jeder Bürger in Deutschland eine Schule gründen, in Anbetracht der Herausforderungen aber ein anspruchsvolles Unterfangen. Neben dem bürokratischen Aufwand sind auch die finanziellen Anstrengungen enorm. Denn jegliche Vorarbeit bis zur Eröffnung, aber auch die Mitarbeit der Eltern, ist eine kostenfreie und ehrenamtliche Angelegenheit.
Als Sohn eines Winzers stellt Müller sich eine Schulgründung ein wenig wie den Weinbau vor: Viele Jahre säen, pflegen, ernten und die Trauben verarbeiten, bevor alles Früchte trägt und man die Menschen mit seiner Arbeit erreicht. „Wenn dann im Spätsommer dieses Jahres die Höfe hoffentlich wieder geöffnet sind, wird das genau die Zeit sein, an dem meine beiden und viele andere Hochheimer Kinder mit ihren Lernbegleiterinnen das erste Mal an ihrer neuen Schule lesen und schreiben lernen.“
Das besondere Konzept der neuen Schule, so Müller, sei nicht in einer Großstadt zu finden. Der Träger, der gemeinnützige Verein Wildwuchs e. V., widmet sich dem natürlichen Lernverhalten. Das bedeutet, dass es individuell stattfindet. Es heißt auch, dass die Kinder von Anfang an lernen, sich selbst zu organisieren. Wichtig sei auch, den Bewegungsdrang auch in der Schule mit zu integrieren und zuzulassen, da dies bekanntermaßen das Lernen unterstützt und die Ausgeglichenheit fördert. Und die natürlichsten Dinge, wie das eigene Essen anzubauen und zu verarbeiten, empathisches Miteinander lernen, füreinander da sein und helfen, sollen die Kinder nicht nur in und für die Schule lernen, sondern vor allem auch für ihr Leben mitnehmen.
Der soziokratische Grundgedanke des Konzepts ist der, dass jeder Mensch eine Stimme hat: Alle werden gesehen, gehört, respektiert und bringen sich ein; das trägt die Gemeinschaft. Es wird ohne Noten gelernt und auch ohne jegliche Bewertung, denn jedes Kind ist gut genauso, wie es ist. Jeder Mensch ist gleich viel wert, jedem steht dieselbe Würde zu. Dabei spielt das Alter keine Rolle.
Natürlich kostet eine Schulgründung nicht nur viel Zeit und Willenskraft, sondern auch viel Geld, um Handwerker, Lehrer, Fachkräfte, Mieten und Materialien zu bezahlen. Ein Team von Lehrerinnen steht schon in den Startlöchern. Die ersten Jahre in einer freien Schule sind aber keine „Herrenjahre“. Ab dem Start bis zum vierten Jahr muss sich jede Privatschule selbst finanzieren und tragen. Dafür gibt es eine Bank, die sich sozialen Unternehmen und Projekten und auch speziell Schulgründungen verschrieben hat. Ein Kreditinstitut in Hochheim hat dem Gründer-Team schließlich das Darlehen gewährt. Der ebenfalls bewilligte „diskussionslose Kredit“ kommt zustande, indem die Gründer zeigen können, wie viele Menschen sich diesen Lernort wünschen. Jeder Betrag, der monatlich von möglichst vielen Menschen zusammen eingeht, hilft, dem Projektziel einer freien und inklusiven Schule für Hochheim näher zu kommen und den Kredit für die nötigen Umbaukosten zu stemmen. Hierzu gehören beispielsweise barrierefreie Toiletten und Brandschutzmaßnahmen wie eine Feuertreppe. Das gesammelte Geld finanziert die ersten Jahre, entlastet die Familien finanziell und hilft dabei, dass noch mehr Vielfalt an der neuen Schule möglich ist. „Diese Gründung soll nicht nur Hochheim noch attraktiver und vielfältiger machen, es soll auch zeigen, wie Vielfältigkeit und Zusammenhalt gelebt werden können“, betont Müller.
Jede Spende sowie eine langfristige, monatliche Unterstützung, kommen schlussendlich den Kindern zugute. Findet die Initiative Wildwuchs 30 Menschen, die die Schule mit 30 Euro monatlich über vier Jahre fördern, wäre ein Großteil der Kosten für die nötige Kredithilfe gedeckt. Wer helfen möchte, ist eingeladen, Kontakt zu einem Gründungsmitglied aufzunehmen. Diese Person wird per E-Mail oder Telefon über Spendenbescheinigungen, benötigte Gelder und deren Verwendungszweck berichten. „Wir freuen uns über jeden Hochheimer und jede Hochheimerin, der oder die ein Teil dazu beiträgt, die Schule finanziell zum Laufen zu bringen, und um zu helfen“, appelliert Müller. Im Namen der Elternschaft von Wildwuchs dankt der Familienvater auch den beiden Doktorinnen für ihren Einsatz, die vielen Stunden Arbeit ohne Bezahlung und die Organisation.
Spendenwillige gesucht
Gesucht sind 30 Personen oder Unternehmen, die 30 Euro monatlich über vier Jahre zum Schulprojekt beitragen möchten. Interessierte melden sich bitte unter (0157) 34677906 oder per E-Mail an info@wildwuchs-wiesbaden.de.