Freitag,
04.09.2020 - 00:00
6 min
Mit Abstand lässt es sich am besten paddeln
Von Philipp Stein

Der Kanadier „Perle vom Main“ vor der Kulisse von Mainz. Im Rahmen des Hygienekonzepts für die Ferienspiele wurden eigens die Sitzanordnung den Abständen angepasst. (Foto: Niclas Meyer-Schuchardt)
HOCHHEIM - Am letzten Wochenende im Juli, kurz vor den Ferienspielen der Stadt Hochheim, nutzten einige Kanuten das schöne Wetter, um eine Wochenend-Bootstour zu unternehmen. Es ging vom Bootshaus auf dem Main mit den beiden vereinseigenen Kanadiern „Bonifatius“ und „Perle vom Main“ bis nach Mainz-Kastel zum Campingplatz auf der Maaraue.
Hier übernachteten die Kanuten auf dem Campingplatz und genossen den Abend mit gegrillten Leckereien. Von dort aus starteten die Hochheimer Kanuten am frühen Morgen auf dem herrlichen, jedoch stark befahrenen Vater Rhein hinunter bis nach St. Goar, der Loreleystadt.
Nach 60 Kilometern bei tollem, fast zu heißem Wetter kamen die Kanuten an der Loreley an, was sofort im Bild festgehalten wurde. Als dann am Abend die Boote auf dem Anhänger verstaut und die Zelte aufgebaut waren, wurde in einem Gartenlokal, mit Blick auf den Loreleyfelsen, Platz genommen. Mit Abstand wurde lecker gespeist und der Abend klang mit ein paar Bier und herrlichem Wein vom Rhein gemütlich aus. Zurück zum Bootshaus ging es dann am Sonntag mit dem eigenen PKW oder dem Zug über Mainz. Eine schöne und gleichwohl anspruchsvolle Tour direkt vor der eigenen Haustür, die die Hochheimer Teilnehmer erkennen ließ, wie schön unsere Heimat doch ist.
Der Kanuverein – die feste Bank bei den Ferienspielen
Direkt am Montag darauf begannen dann die Ferienspiele unserer Stadt. Wie in den vergangenen Jahren beteiligte sich auch in diesem Jahr der Kanuverein. Die Betreuer vonseiten des HKV waren: Alex Kaus, David Klemmer, Maxi Riedl, Caspar Schumacher und Hans-Peter Stein. Ein neues coronakonformes Konzept ließ es zu, dass zehn Kinder mit dem im letzten Jahr eingeweihten Holzkanadier „Perle vom Main“ paddeln konnten. Durch die extra für die Ferienspiele umgebauten Sitze des Kanadiers, konnte der notwendige Abstand zwischen den Kindern und den Betreuern eingehalten werden. Denn auch auf dem Wasser heißt es: „Mit Abstand ist es am besten“.
Es konnten durch die Hygiene- und Abstandsregeln leider nicht wie in all den letzten Jahren 250 Kinder zum Bootfahren kommen. Die fünfzig Kinder aber, die sich angemeldet hatten, kamen bei der abenteuerlichen Fahrt voll auf ihre Kosten.
Es ging vom Bootshaus aus mainaufwärts durch die überhängenden Bäume. Es ist der so genannte „Dschungel“ mit „Krokodilen, Schlangen und Spinnen“, wie die Kanuten den Bereich zwischen Uferbepflanzung und Wasserlinie bezeichnen. Die mit Schnurrbart, Zähnen oder Vereinsfahne bemalten Atemschutzmasken, die die Steuerleute trugen, sorgten zudem für ein lustiges Vergnügen.
Wildwasserpaddler zur Ausbildung in die Steiermark
Am Freitag wurde dann abgebaut und sofort mit dem Packen der Ausrüstung für die Folgewoche begonnen, denn die Woche nach den Ferienspielen sollte der Ausbildung unserer jungen Wildwasserpaddler gehören. Insgesamt fuhren 12 Mitglieder des Kanuvereins in die Steiermark nach Wildalpen an der Salza. Eine Woche Kanu-Spaß bei herrlichem Wetter stand auf dem Programm. Als der Zeltplatz erreicht war, wurden die Zelte aufgebaut und das Küchenzelt eingerichtet. Das Küchenzelt war in den folgenden sieben Tagen der zentrale Treffpunkt der Gruppe. Hier wurde gekocht, gegessen, gespielt, gebastelt, geschult und Flussabschnitte besprochen.
Die Steirische Salza ist ein Paradies für Wildwasserfahrer. Sie hat mehrere Flussabschnitte, die befahren werden können. Entscheidend dafür ist der Ausbildungsstand eines jeden einzelnen Kanufahrers. Die Schwierigkeiten der Salza liegen im Bereich 1 bis 3 (Skala von 1 bis 6). Bei einem höheren Wasserstand, den wir in diesem Jahr nicht hatten, können die Schwierigkeiten auch den Schwierigkeitsgrad 4 an einigen Stellen erreichen. Unsere Neulinge in diesem Jahr: Anna Kopp, Caspar Schumacher, Svea Wittig und Malte Wittig. Diese wurden im theoretischen Unterricht von Gerion Böhm, Alex Kaus, Dominik Psotta und Philipp Stein geschult. Auf dem Bach selbst wurde die praktische Ausbildung von Alex Kaus und Philipp Stein übernommen. Nach einer Woche Training, vielen schönen Kilometern auf dem Wasser, einigen Eskimorollen und vielen hervorragend gemeisterten Wildwasserabschnitten, können die Anfänger stolz sein auf das, was erreicht wurde. Dies ist auch der Motivation der Beginner im Training am Bootshaus, im Hallenbad oder am Steindamm zu verdanken, wo jeder schon viel Erfahrung sammeln konnte. Alle vier Anfänger haben die ihnen gestellten Anforderungen erfüllt und gehören von nun an zu den „Fortgeschrittenen“ im Kanuverein. Unsere Begleiter Lars Wittig, Maxi Riedl und David Klemmer sind als Outdoor-Fans und Unterstützer mitgefahren. Sie waren meist zu kleinen Wanderungen, wie zu den umliegenden Gipfeln oder der Wasserlochklamm unterwegs. An einem Pausentag hatten sie jede Menge Zeit andere Kanuten von einer Brücke aus zu beobachten und Fotos zu machen. Am Abend als wir von einer Tour zurückkamen, kommentierte Maxi die Leistung unserer Anfänger mit den Worten: „Ihr fahrt mit Abstand am besten“.
Um nun auch die nicht Kanuten unserer Gruppe mit der Schönheit der Natur um die Steirischen Salza und dem Wildwasser vertraut zu machen, wurde kurzerhand vor Ort ein Schlauchboot gemietet und von David Klemmer, Maxi Riedl, Lars Wittig und Hans-Peter Stein durch das „Paradies“ geraftet. Highlight war das „Paradies“ mit vielen Wellen und starker Strömung und herrlicher, ja paradiesischer Natur. Eine Schlauchbootfahrt mit viel Geschrei, mehrmaligem Kontakt zum ca. neun Grad Celsius kalten Wasser, aber auch mit viel Spaß.
Als besondere Herausforderung wurde von den vier Vereinsmitgliedern Gerion Böhm, Dominik Psotta, Alex Kaus und Philipp Stein ein in der Nähe liegender Wasserfall erfolgreich befahren. Der Laussa-Wasserfall ist ein fünf Meter hoher und drei Meter breiter Wasserfall. Eingebettet in silberglänzende Felswände, die an ihren oberen Kanten mit grünem Moos bewachsen sind. Das smaragdgrüne Wasser der Laussa und das weiße aufgewirbelte, herabfallende Wasser, lassen den Wasserfall erscheinen wie in einem Märchenbuch. Gemalt könnte er nicht schöner sein. Was fehlt, ist eine Wassernixe, ähnlich der Loreley. Durch seine besondere Lage und das unter ihm liegende Wasserbecken ist eine Befahrung im Sommer möglich. Da die Befahrung der Laussa vor dem Wasserfall durch eine unfahrbare Klamm versperrt ist, muss ca. 20 Meter aufwärts des Wasserfalls vom Fels aus gestartet werden. Dieser „Felsenstart“ und der Wasserfall selbst lassen die Herzfrequenz steigen und es kommt gewiss zur Adrenalin-Ausschüttung. Mit dem Erlebnis der Befahrung und tollen Eindrücken aus der vergangenen Woche traten wir die Heimreise an. Erschöpft, aber im Herzen glücklich kamen nach neun Stunden die Hochheimer Kanuten dann wieder gesund und munter am Bootshaus an.
Durch Corona stiegen in diesem Jahr die Aktivitäten am Bootshaus und auf dem Vereinsgelände. Viele Mitglieder machten im Rahmen der Familie oder auch zu zweit Paddelausflüge auf den Flüssen und Bächen in unserer Umgebung. Viele Fahrten auf Lahn, Main und Rhein wurden im Bootshaus ins Fahrtenbuch eingetragen. Eine Gruppe von vier Mitgliedern fuhr schon eine Woche nach der Wildwasserwoche erneut zum Wildwasser fahren. Das Ziel war Bovec am Fluss Soca in Slowenien. Die Soca ist ein herrlicher Wildbach mit glasklarem Wasser und liegt von Villach aus gesehen hinter den Karawanken. Die Karawanken sind der Gebirgszug, der Slowenien von Österreich trennt. Die Schwierigkeiten liegen zwischen dem Wildwassergrad 2 bis 4, was auch bei diesem Fluss vom Wasserstand abhängig ist. Leider war in diesem Jahr der Wasserstand sehr niedrig. Zurückzuführen ist das fehlende Wasser sicher auf die ausgebliebenen Regenfälle in der Region, wie wir es ja auch von Hochheim und Hessen kennen. Dennoch konnten einige Abschnitte der Soca befahren werden. Es sind Abschnitte, in denen das Wasser in Klammen oder engen Schlucht-Passagen geführt wird. Diese Abschnitte sind meist eher schmal, bilden Naturslaloms und sind mit Technik auch bei weniger Wasser ein herrliches Wildwasser.
Glücklich, dass wir in diesem Jahr doch noch die Möglichkeit hatten einige Aktivitäten zu unternehmen, vermissen wir einige Veranstaltungen. Leider sind wie auch bei anderen Vereinen gemeinsame Feiern und Feste ausgefallen. Die alljährliche Pfingsttour und das Bootshausfest, das am vergangenen Wochenende gewesen wäre, sind ersatzlos ausgefallen. Ausfallen wird wohl auch die gemeinsame Weihnachtsfeier im Bootshaus. Wir alle hoffen, dass wir diese und weitere Veranstaltungen in unserem 100-Jährigen Vereinsjubiläumsjahr 2021 wieder gemeinsam mit euch und uns stattfinden lassen können.