EU einigt sich auf härtere Steuerregeln für Unternehmen

Gabriel Zucman (l-r), Wirtschaftswissenschaftler aus Frankreich, Sven Giegold, Grünen-Europaabgeordnete,Paolo Gentiloni, EU-Finanzkommissar, und Paul Tang, Mitglied des EU-Ausschusses für Wirtschaft und Währung, sprechen während einer Pressekonferenz zum Start der Europäischen Steuerbeobachtungsstelle im EU-Hauptquartier in Brüssel.  Foto: Francois Walschaerts/Pool AFP/dpa
© Francois Walschaerts/Pool AFP/dpa

Wie viel Steuern zahlen große multinationale Konzerne überhaupt? Die Frage ist bisher nicht immer leicht zu beantworten. Neue EU-Regeln sollen das ändern.

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BRÜSSEL. Große Unternehmen in der Europäischen Union müssen künftig offenlegen, wie viel Steuern sie in welchem Land zahlen. Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments einigten sich am Dienstagabend auf Regeln für das sogenannte Country-by-Country-Reporting. Dies bestätigten Teilnehmer der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Das Vorhaben soll helfen, Steuersparmodelle von Firmen zu begrenzen. Mit der Einigung endet ein fünfjähriger Streit.

Erster Vorschlag schon im Jahr 2016

Die EU-Kommission hatte schon 2016 den Vorschlag zur Änderung der Rechnungslegung gemacht. Die Country-by-Country-Regeln sollen für multinationale Unternehmen mit weltweit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz gelten. In einem länderbezogenen Bericht sollen sie unter anderem die Nettoumsätze, Gewinn oder Verlust vor Steuern und die tatsächlich gezahlten Ertragssteuern veröffentlichen. Die Daten sollen für alle EU-Staaten aufgeschlüsselt werden. Dies gilt auch für Länder auf der sogenannten Schwarzen Liste der Steueroasen sowie für Staaten, die mindestens zwei Jahre hintereinander auf der sogenannten Grauen Liste stehen, derzeit zum Beispiel die Türkei.

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"Die Einigung ist ein Meilenstein für Steuergerechtigkeit in Europa", erklärte der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold nach der Einigung. "Länderbezogene Steuertransparenz ist ein scharfes Schwert gegen Steuervermeidung. Wenn große Unternehmen ihre Gewinne und gezahlten Steuern pro Geschäftsland offenlegen müssen, wird Steuerdumping jedes Jahr für alle sichtbar." Das werde dem Ruf der Unternehmen schaden, sagte der Europaabgeordnete. Europa werde so weltweit zum Vorreiter für Steuertransparenz.

Manche Unternehmen tricksen bei Steuern

Einige große Unternehmen nutzen Tochterfirmen, um Gewinne in Länder mit möglichst niedrigen Steuersätzen zu verschieben und so die Zahlungen an den Fiskus zu drücken. Das geschieht innerhalb der EU, aber auch weltweit. Das Europaparlament hatte sich schon 2017 für das öffentliche Country-by-Country-Reporting stark gemacht und seine Verhandlungsposition festgelegt. Die EU-Staaten akzeptierten das Prinzip jedoch nach jahrelanger Debatte erst in diesem Frühjahr mit der nötigen Mehrheit. Deutschland enthielt sich. In den Verhandlungen mit dem Europaparlament ging es um die letzten Details des Plans.

EU-Finanzkommissar Paolo Gentiloni hatte schon am Dienstagvormittag in Erwartung einer Einigung gesagt: "Es ist ein Schritt voran, man kann natürlich nie alles erreichen, was man wollte."

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Olaf Scholz lobt neue EU-Regeln für Steuertransparenz

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat die Einigung auf neue EU-Regeln zur Steuertransparenz für große Unternehmen begrüßt. "Das ist ein Riesenschritt für mehr Steuergerechtigkeit", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Berlin. Am Abend zuvor hatten Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments ausgehandelt, dass große Konzerne künftig öffentlich machen müssen, wie viel Steuern sie in welchem Land zahlen. Genannt wird dies Country-by-Country-Reporting.

Scholz betonte: "Die neuen Regeln schaffen mehr Transparenz und verhindern, dass internationale Konzerne sich aus der Steuerpflicht herausmogeln. Es muss endlich Schluss sein mit schmutzigen Steuertricks. Auch Multis müssen ihren fairen Beitrag zahlen, so wie jeder kleine Einzelhändler von nebenan."

Diese Regeln müssten nun schnell beschlossen werden. Er habe kein Verständnis dafür, "wenn der Kampf für mehr Steuertransparenz weiterhin vom Bundeswirtschaftsministerium blockiert wird". Die Einigung von Unterhändlern der EU-Institutionen muss von diesen noch formal bestätigt werden, erst dann können sie in Kraft treten.

Von Verena Schmitt-Roschmann