Bei der Pflegeversicherung soll beim Beitragssatz für Eltern künftig die Anzahl ihrer Kinder eine Rolle spielen. Das hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen.
KARLSRUHE. Die Beitragssätze für die gesetzliche Pflegeversicherung müssen nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geändert werden. Eltern sollten entsprechend der konkreten Zahl ihrer Kinder entlastet werden, entschied das Gericht in Karlsruhe nach Angaben vom Mittwoch. Dass bei der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung nicht zwischen Eltern und Kinderlosen unterschieden wird, sei hingegen rechtens.
Einige Familien hatten unterstützt vom Familienbund der Katholiken in der Erzdiözese Freiburg Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Sie sind der Meinung, dass die Zahl der Kinder beim Beitrag zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung berücksichtigt werden müsse - Eltern also weniger zahlen sollten als Versicherte ohne Kinder.
Das Bundesverfassungsgericht sorgt nun immerhin dafür, dass Eltern mit mehreren Kindern bei der gesetzlichen Pflegeversicherung besser gestellt werden als Kinderlose und kleinere Familien. Die Beitragssätze müssten entsprechend der konkreten Zahl der Kinder bis Ende Juli 2023 angepasst werden, entschied das höchste deutsche Gericht (1 BvL 3/18 u.a., Beschluss vom 7. April). Dass bei der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung überhaupt nicht zwischen Eltern und Kinderlosen unterschieden wird, sei hingegen okay.
Benachteiligung bislang schon ab dem zweiten Kind
Das Gericht hatte im Fall der Pflegeversicherung 2001 geurteilt, es sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, dass Eltern einen genauso hohen Beitragssatz zahlen wie Kinderlose - denn sie leisteten einen "generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems". Die Beitragssätze wurden daraufhin angepasst. Seit Anfang dieses Jahres liegt jener für Eltern bei 3,05 Prozent des Bruttoeinkommens, der für Kinderlose bei 3,4 Prozent.
Aus Sicht der Richterinnen und Richter greift das aber zu kurz: Je mehr Kinder eine Familie habe, desto größer seien der Aufwand und die damit verbundenen Kosten. "Diese Benachteiligung tritt bereits ab einschließlich dem zweiten Kind ein", heißt es in der Mitteilung. "Die gleiche Beitragsbelastung der Eltern unabhängig von der Zahl ihrer Kinder ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt." Der Gesetzgeber müsse diese Benachteiligung beheben.
Kinder profitieren von Krankenversicherung der Eltern
In der gesetzlichen Rentenversicherung werde der Wert der Kindererziehung insbesondere durch die Anerkennung sogenannter Kindererziehungszeiten honoriert, entschied der Erste Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Stephan Harbarth. Mit Blick auf die gesetzliche Krankenversicherung betonten die Richterinnen und Richter, dass die Versicherten hier schon in Kindheit und Jugend "in erheblichem Umfang" von den Leistungen profitierten.
Dass in diesen beiden Fällen keine Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Kindern gemacht werden, hatte schon das Bundessozialgericht in mehreren Urteilen für rechtens erklärt. Gegen diese Entscheidungen wehrten sich mehrere Eltern mit Verfassungsbeschwerden, unterstützt vom Familienbund der Katholiken in der Erzdiözese Freiburg.
Von dpa