Lkw-Streik beendet: Fahrer verlassen A5-Rasthof

Einigung erzielt: Die Lkw-Fahrer auf dem A5-Rasthof "Gräfenhausen-West" freuen sich, dass die Spedition alle offenen Zahlungen am Mittwoch getätigt hat.
© Tobias Goldbrunner

Nach fünf Wochen Streik bricht Jubel auf der Raststätte „Gräfenhausen-West” aus. Die Lkw-Fahrer aus Osteuropa erhalten ihre Gelder - und weitere Forderungen. Ihr Glück: ein Zufall.

Anzeige

Weiterstadt. Einige der 63 Fahrer tanzen ausgelassen zwischen den Lastwagen, andere singen. Die Freude ist riesig auf dem A5-Rasthof „Gräfenhausen-West“. Als am Mittwoch die erlösende Nachricht kommt: Die polnische Spedition hat den Männern aus Georgien und Usbekistan schriftlich zugesichert, dass sie nicht nur die noch ausstehenden 100.000 Euro erhalten, sondern auch alle Klagen gegen sie fallen gelassen werden. „Sie brauchen auch in Zukunft keine Angst mehr zu haben“, erklärt der niederländische Gewerkschafter Edwin Atema, der in den zurückliegenden fünf Wochen die Verhandlungen für die Fahrer geführt hat. Jubelnd unterzeichnen die Männer, die seit dem 18. März auf dem Rastplatz gestreikt hatten, am Mittwochabend den Vertrag.

„Sobald das Geld eingeht, werden sie die Laster freigeben“, schildert Atema. „Dann kann die Spedition die Fahrzeuge abholen.“ Der Streik endet damit, die Fahrer, die allesamt bereits gekündigt haben, werden den Rastplatz verlassen und größtenteils in ihre Heimatländer zurückkehren. „63 Männer haben das erreicht, was 500.000 Fahrern in Deutschland bisher noch nicht gelungen ist“, sagt Atema. „Sie wurden wie Tiere behandelt, aber sie haben gekämpft wie Löwen und gewonnen.“

Atema: Kampf geht woanders weiter

Der Streik hatte am Karfreitag bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, als der polnische Speditionschef Lukasz Mazur mithilfe der Securityfirma „Rutkowski Patrol“ versucht hatte, die Kontrolle über die Fahrzeuge zu erlangen. Die Polizei griff deeskalierend ein. Mazur und die 18 Mitarbeiter des Sicherheitsunternehmens wurden für mehrere Stunden in Gewahrsam genommen, am gleichen Abend wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen noch.

Anzeige

Vor zwei Wochen hatten die Gespräche erste Erfolge erzielt, Mazur hatte zunächst 200.000 Euro überwiesen. Danach gerieten die Verhandlungen wieder ins Stocken. „Der Zufall half uns nun“, berichtet Atema. „Ein Transporter muss am Montag in der Schweiz sein, sonst steht dort eine Firma still. Nur diesem Druck hat sich die Spedition gebeugt“, so der Niederländer, der direkt verkündete: „Der Kampf geht nun woanders weiter. Bis sich die Bedingungen im internationalen Güterverkehr wirklich ändern, wird es noch lange dauern.“ Der Fall hatte auch das EU-Parlament erreicht, Politiker etlicher Länder kündigten Verbesserungen an.

Die Freude ist riesig auf dem A5-Rasthof „Gräfenhausen-West“, als am Mittwoch die erlösende Nachricht kommt, dass die polnische Spedition den Lkw-Fahrern aus Georgien und Usbekistan schriftlich zugesichert hat, dass sie die noch ausstehenden Gelder erhalten.
Einigung erzielt: Die 63 Lkw-Fahrer unterschreiben am Mittwoch auf dem A5-Rasthof "Gräfenhausen-West" den Vertrag mit der polnischen Spedition, in dem ihnen alle Zahlungen zugesichert werden.

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell forderte am Mittwochabend: „Der Spedition von Herrn Mazur muss die Lizenz entzogen werden. Seine Lastwagen dürfen nicht mehr über europäische Straßen rollen.” Mazurs Unternehmen zählt rund 1000 Fahrzeuge.

Große Welle der Solidarität

Die streikenden Fahrer hatten moniert, dass sie teils seit Monaten keinen Lohn erhalten hatten. Zudem hätten sie nicht in ihre Heimat reisen dürfen, mitunter für Reparaturen selbst aufkommen müssen. Mazur hatte zwischenzeitlich verlauten lassen, dass die Fahrer gewusst hätten, dass es zu Verzögerungen bei den Zahlungen angesichts der „schwierigen Lage im Transportwesen” komme. Er hätte ihnen freigestellt zu kündigen. Die Männer traten schließlich auf der A5-Raststätte in den Streik, wohnten in den vergangenen Wochen in ihren Fahrerkabinen. Dabei erfuhren sie eine große Welle der Solidarität: Gewerkschaften und Privatleute versorgten sie mit Nahrung und frischer Kleidung, außerdem wurden sie medizinisch behandelt. Vor wenigen Tagen drohten einige Fahrer sogar mit Hungerstreik. Soweit kam es nun nicht. „Sie hätten es aber zu 100 Prozent gemacht”, ist sich Atema sicher.