Sparen in Krisenzeiten – geht das?

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Geld zu sparen ist im Hinblick auf die steigenden Preise für viele sehr schwierig. Symbolfoto: bilderstoeckchen / stock.adobe
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Selten war ein Notgroschen so wichtig. Die Preise steigen und für viele kommt es auf jeden Euro an. Finanzexpertin Josephine Holzhäuser von der Verbraucherzentrale gibt Tipps.

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AUS ALLER WELT. Die Zahlen des „Liquiditätsbarometers“ sind beunruhigend: Nach der repräsentativen Umfrage der Team-Bank sagen 40 Prozent der Menschen in Deutschland, dass ihre Reserve für unvorhergesehene Ausgaben bei weniger als 1000 Euro liegt. Da ist schon jeglicher Spielraum so gut wie weg, wenn mal die Waschmaschine kaputtgeht. Und im Moment kommen die Zusatzbelastungen ja wahrlich von allen Seiten – auch wenn nicht gerade ein technisches Gerät streikt oder das Auto zur Reparatur muss. Allein die horrend steigenden Energiepreise bringen so manche, in normalen Zeiten sogar sehr solide Kalkulation, in Wanken. Das bestätigt Finanzexpertin Josephine Holzhäuser von der Verbraucherzentrale: „Zunehmend geraten auch Menschen, die gut haushalten können, in die Bredouille.“ Und das bringt ganz neue Herausforderungen im Beratungsalltag – denn bei Menschen, die sorgsam und bewusst mit ihren Finanzen umgehen, fällt es wesentlich schwerer etwas zu optimieren als bei jenen, die Geld unüberlegt verschleudern. Aber es gibt durchaus einige Dinge, auf die man jetzt besonders achten sollte.

Wie schafft man es überhaupt, Rücklagen zu bilden? „Mit Spardisziplin, am besten schon in jungen Jahren“, sagt die Finanzexpertin. Es sei sinnvoll, abhängig vom Alter und der Lebenssituation, jeden Monat einen – kleinen oder eben auch größeren Betrag – vom Girokonto auf ein Tagesgeldkonto umzuparken. Und zwar gleich zu Beginn des Monats, wenn das Konto noch gefüllt ist. „Es bringt nichts, wenn man immer erst abwartet, ob am Ende des Monats vielleicht noch etwas übrig ist“, sagt Holzhäuser. Das klappe selten oder nie.

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Wie hoch sollten Rücklagen sein? Eigentlich rieten Verbraucherschützer bislang dazu, dass zwei bis drei Monatsgehälter jederzeit auf einem Tagesgeldkonto verfügbar sein sollen. Doch mit der Energiekrise und der hohen Inflation ist vieles unberechenbar geworden: „Niemand weiß derzeit, wie hoch die Nachzahlungen für Strom und Gas wirklich ausfallen, dazu kommt ab Herbst noch Gasumlage, bei der im Moment noch niemand weiß, wie hoch sie ausfällt“, sagt Holzhäuser. Deshalb gilt jetzt: Besser vier bis fünf Monatsgehälter als Puffer bereithalten - im Idealfall. „Aber aktuell kommen ja nicht nur Haushalte der unteren Einkommensschichten an ihre Grenzen, sondern zunehmend auch die Mittelschicht – und das ganz ohne eigenes Verschulden.“ Wer in der glücklichen Situation sei, über ein stabiles Einkommen zu verfügen und noch Spielraum habe, sollte aber auf jeden Fall die Rücklagen aufstocken: „Dann sieht man entspannter dem Herbst entgegen“, sagt Holzhäuser.

Kann ein Kredit die Lösung sein, wenn es eng wird? Laut einer Studie der Postbank nimmt die Bereitschaft grundsätzlich zu, Dinge auf Pump zu finanzieren: So konnten sich vor acht Jahren nur 0,8 Prozent der Befragten sich vorstellen, für eine Reise einen Kredit aufzunehmen, jetzt ist das schon für fünf Prozent eine Option. Doch die Finanzexpertin warnt: „Jetzt einen Urlaub per Kredit zu finanzieren, halte ich für den allerschlechtesten Moment.“ Und das gelte auch für andere Konsumgüter: „Wer mehr auf Raten kauft, erhöht sein Risiko, in den Schuldenfalle zu geraten“, sagt Holzhäuser. Auch die Null-Prozent-Finanzierung, die viele Läden und Online-Händler anbieten, sieht sie kritisch: „Die meist kleinen Raten lenken schnell vom eigentlichen Kaufpreis ab. Und verleiten häufig auch dazu, ein teureres Gerät zu kaufen als eigentlich geplant, denn an „spart“ ja die Zinsen.“ Ihr Hinweis: Grundsätzlich schließe man auch bei jeder Null-Prozent-Finanzierung einen Kredit mit einem Kreditinstitut ab – oft mit versteckten Fallen wie einer zusätzlichen Versicherung, versteckten Zusatzkosten oder einem zusätzlichen Rahmenkredit.

Aber was kann man tun, wenn das Geld für die Nachforderungen des Energieanbieters wirklich nicht reicht? Beratungsstellen können helfen, einen Ausweg zu finden. Manchmal bietet auch das Energieunternehmen die Möglichkeit der Ratenzahlung an. Außerdem sollte man Geld wie den Heizkostenzuschuss, der in vielen Bundesländern im August ausbezahlt wird, sofort zweckgebunden auf die Seite legen. Eindringlich warnt die Finanzexpertin, in finanziellen Notlagen auf unseriöse Kreditvermittler zu setzen, deren Köderversuche oft trickreich sind: „Hier ist die Gefahr groß, dass man abgezockt wird und in einen Strudel gerät.“

Manchmal nagen auch „Geldfresser“ am Budget, die auf den ersten Blick gar nicht auffallen… Wer einen genauen Überblick haben möchte, wohin sein Geld fließt, dem raten Verbraucherschützer zum Führen eines Haushaltsbuchs. Zumindest für eine bestimmte Zeit. „Auch ein Versicherungscheck kann Geld sparen: Welche Policen brauche ich wirklich? Und stimmt bei denen, die ich habe und die unverzichtbar sind, das Preis-Leistungsverhältnis?“, sagt Holzhäuser. Auch hätten die Kreditinstitute in letzter Zeit kräftig an der Gebührenschraube bei Girokonten gedreht – hier könne vielleicht ein Wechsel des Modells oder gar ein Bankwechsel zu Einsparungen bei den jährlichen Kosten führen. Sie befürwortet alle Lösungen, die den Überblick über die eigenen Finanzen erleichtern: „Grundsätzlich gilt: Alles, was ich kaufe, muss ich auch bezahlen. Wenn nicht sofort, dann später.“ Die Finanzexpertin lenkt zudem den Blick auf die vermeintlichen Peanuts im Alltag – Ausgaben, die schnell zur Gewohnheit werden: „Wer an jedem Arbeitstag einen Coffee-to-go für drei Euro trinkt, gibt dafür im Monat 60 Euro aus.“

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