Für die Hochwasseropfer wurden bereits Millionen gespendet. Doch wer sind eigentlich diese Spender? Sind es einige wenige, die hohe Summen geben oder sind es viele kleine Beträge?
WIESBADEN/MAINZ. Bereits Anfang August waren in Deutschland 358 Millionen Euro für die vom Hochwasser betroffenen Menschen gespendet worden. Das hat eine Umfrage des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) ergeben. Inzwischen dürften es deutlich mehr sein, denn den Hilfswerken und Organisationen gingen weiterhin erhebliche Spenden zu.
Große Spendenbereitschaft
Damit wurden bereits die Summen übertroffen, die nach dem Elbehochwasser 2002 eingegangen sind. Damals wurden insgesamt 350 Millionen Euro für die Betroffenen gespendet. Nur für die Opfer des Tsunami in Südostasien haben die Deutschen mit 670 Millionen Euro innerhalb der vergangenen 20 Jahre bislang mehr gegeben.
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Spenden sind von großer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. Ohne freiwillige finanzielle Unterstützung oder Sachspenden wären viele Projekte nicht möglich. So sind auch die Spenden für die Opfer der Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands eine hilfreiche Stütze. Auch die VRM hat zu einer Spendenaktion für die Flutopfer in den schwer verwüsteten Gemeinden Ahrbrück, Hönningen, Altenahr und Kirchsahr im Ahrtal aufgerufen. Bis heute haben die Leserinnen und Leser knapp 2,5 Millionen Euro der VRM-Zeitungen 2,46 Millionen Euro auf das Konto des Bürgervereins Ahrbrück überwiesen, die von insgesamt von über 16 000 Spendern kamen. Doch wer sind eigentlich die Spender? Sind es einige wenige, die hohe Summen austeilen? Oder sind es viele Kleinspenden, die für Menschen in Not gegeben werden?
Ab 60 steigt Spendenfreudigkeit
Generell wurden 2017 laut DZI rund 10 Milliarden Euro in Deutschland gespendet. Das Statistische Bundesamt gibt das Volumen mit 6,7 Milliarden Euro an. Allerdings werden hier nur die Daten erhoben, die von Steuerzahlern getätigt werden – wodurch die Summe etwas niedriger ausfällt. Schaut man sich die Spender genauer an, so zeigt sich, dass mit zunehmendem Alter, Einkommen und auch der Lebenszufriedenheit, die Spendenfreudigkeit steigt.
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„Vor allem in den Altersgruppen ab 60 Jahren steigt sowohl der Anteil derjenigen, die spenden, als auch die durchschnittliche Spendenhöhe“, bestätigt Kathrin Kann vom Bundesamt für Statistik. Die Referentin im Referat Lohn- und Einkommenssteuer hat gemeinsam mit ihrer Kollegin Ulrike Gerber untersucht, wer wie viel spendet. Sie werten regelmäßig die Daten von 40 Millionen Steuerpflichtigen aus und haben dabei festgestellt, dass ein großer Teil der Zuwendungen von sogenannten Großspendern stammt. In Deutschland gab es im Jahr 2017 etwa 85.000 Steuerpflichtige, die eine halbe Million Euro oder mehr verdienten. Von diesen gaben 70.000 Spenden in ihrer Steuererklärung an. Insgesamt haben diese Großverdiener 19 Prozent des Gesamtvolumens von 6,7 Milliarden Euro gespendet.
Großverdiener spenden anteilig weniger
Interessant dabei ist, dass in Relation zum Einkommen der Anteil der Spenden von Großverdienern niedriger ist als der von Geringverdienern. Während die Großverdiener 1,4 Prozent – rund 18.000 Euro – ihrer durchschnittlichen Einkünfte als Spende angaben, machten Steuerpflichtige, deren Einkünfte zwischen null und 5000 Euro lagen, sechs Prozent ihres mittleren Einkommens als Zuwendung geltend – im Schnitt 250 Euro. Bei Steuerpflichtigen in den mittleren Einkünfteklassen lag der Anteil mit 300 bis 400 Euro bei knapp einem Prozent des Einkommens.
Auch Ältere spenden häufiger als Jüngere. Bei den unter 40-Jährigen betrugen die Zuwendungen im Mittel 320 Euro, während bei den über 65-Jährigen die durchschnittliche Spendenhöhe bei 930 Euro lag (Stand 2017). Dass Ältere mehr spenden als jüngere Menschen, lässt sich unter anderem mit dem im Alter steigenden Einkommen erklären. Höherer Wohlstand ermöglicht es, mehr Mittel für soziale und wohltätige Zwecke aufzubringen. Laut DZI hat dabei die Gruppe der 65- bis 80-Jährigen den höchsten Spendenanteil. Demnach geben die 80-Jährigen und Älteren mit durchschnittlich 400 Euro die höchsten Geldbeträge. Das deutet darauf hin, dass die Bereitschaft zum Teilen im Alter deutlich zunimmt.
Ganz spannend findet Kathrin Kann auch das: Im Saarland ist der Anteil der Spenderinnen und Spender am höchsten – und zwar mit einem relativ großen Abstand zum nächsten Bundesland: 2017 haben dort 72 Prozent der Steuerpflichtigen eine Spende in ihrer Steuererklärung angegeben. Auf Platz zwei kommt Bayern – mit 53 Prozent. Eine Erklärung dafür hat die Referentin des Bundesamtes für Statistik leider nicht. Im Vergleich der Großstädte waren die Münchner mit 45 Prozent am spendenfreudigsten, in Hamburg und Berlin lag die Spendenbereitschaft mit 33 und 28 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von 39 Prozent (Stand 2017).
Saarländer spenden die niedrigsten Summen
Das Bild ändert sich jedoch, wenn statt des Spendenanteils die Spendenhöhe betrachtet wird. So gaben die Hamburger im Mittel fast 1240 Euro als Zuwendungen an. Im Saarland spendeten die Steuerpflichtigen mit im Schnitt 250 Euro die niedrigsten Summen. Ähnlich ist es, wenn man auf die Religionszugehörigkeit blickt. So spenden zwar 45 Prozent der steuerpflichtigen Katholiken und 42 Prozent der Protestanten, im Vergleich zu 31 Prozent der Steuerpflichtigen ohne Religionsangabe. Wenn Konfessionslose jedoch Zuwendungen absetzen, waren die Beträge mit knapp 690 Euro im Durchschnitt höher als bei Katholiken (460 Euro) oder Protestanten (530 Euro).
Laut DZI ist auch bei Frauen die Spendenneigung allgemein etwas höher ausgeprägt als bei Männern – was bemerkenswert ist, weil Frauen häufig weniger verdienen als Männer. Die Untersuchung des Bundesamtes für Statistik hat zudem ergeben, dass Familien mit Kindern häufiger spenden als Steuerpflichtige ohne Kind. Dafür geben diese höhere Beträge. Diese Zusammenhänge zeigen: Spenden ist offenbar ein sozialer Vorgang, dem soziale stärker eingebundene Menschen stärker nachkommen als andere.
So viel spendeten die VRM-Leser
Aufgrund des Datenschutzes ist das Thema ein sensibles. So lässt sich auch bei der VRM-Spendenaktion nicht genau sagen, wer wie viel gegeben hat. Nur so viel: Im Schnitt wurden 155 Euro pro Überweisung gespendet. Dabei wurden zweimal 20.000 Euro von Privatpersonen überwiesen, neunmal 10.000 Euro und 22 mal 5.000 Euro. Firmenspenden spielten kaum eine Rolle.
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Ob aufgrund der Hochwasserkatastrophe in diesem Jahr in ganz Deutschland die Gesamtsumme an Spenden noch einmal steigen wird, kann die Referentin des Statistischen Bundesamtes nicht vorhersagen, da sie die Daten der Steuerpflichtigen aufgrund der langen Fristen zur Steuerveranlagung erst in drei bis vier Jahren bekommen wird. Sie vermutet aber, dass das der Fall sein wird.
„Die Menschen haben in den vergangenen Jahren in Zeiten, in denen es große humanitäre oder Naturkatastrophen gab, regelmäßig mehr gespendet.“ So sind die Spenden zum Beispiel von 2012 auf 2013 um 6,4 Prozent gestiegen. Und 2013 gab es schon einmal ein starkes Hochwasser in ganz Mitteleuropa, von dem auch Deutschland damals sehr stark betroffen war.