Adipositas „wird die teuerste Krankheit, die wir haben“

aus Gesundheit

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„Es geht nicht an, dass ich ein Anti-Diabetikum verschreibe off-label für jemanden, der abnehmen möchte.“
© Lino Mirgeler/dpa

Ein Adipositas-Experte erklärt, ab wann zusätzliche Pfunde tatsächlich ungesund sind – und warum es für Übergewichtige trotzdem nicht nur ums Abnehmen gehen sollte.

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Herr Oepen, wie groß ist denn das Problem Adipositas heutzutage?

Sehr groß. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist von Übergewicht betroffen – und ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland hat Adipositas. Und die Zahl der Betroffenen nimmt weiter zu. Es wird dabei immer wieder davon gesprochen, dass es sich um eine Wohlstandskrankheit handelt. In den Industrienationen ist es aber eher eine Krankheit der Leute, die nicht so viel Geld haben. Wenn jemand etwa einen Garten hat, reicht das allein schon aus, dass die Adipositas etwas geringer ist als bei den Leuten, die im 24. Stock wohnen.

Insgesamt hat das schon eine enorme Bedeutung, weil es wahrscheinlich volkswirtschaftlich mit die teuerste Krankheit werden wird, die wir haben. Nicht weil sie die Schlimmste ist, aber es sind halt so viele betroffen. Die Folgen sind zum Beispiel Hirnschlag, Herzinfarkt, Atemnot und – nicht zu unterschätzen – eine schlechtere Lebensqualität und die Neigung zu Rückzug und Inaktivität. Auch Depressionen hängen eng mit Adipositas zusammen, ob als Auslöser oder Folge.

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Welches Fett ist besonders problematisch

Nicht der Energiespeicher Fett ist so schädlich, also Fett an den Beinen oder dem Hintern, sondern vor allem das Fett, das im Bauchinnenraum auf den Verdauungsorganen liegt, das hormonaktiv ist und Entzündungssignale aussendet. Und wenn dann im Alter gleichzeitig die Muskelmasse schwindet, ist das die Kombination, die die meisten Schäden verursacht. Das Problem ist dabei: Wenn man richtig hungert, hungert man die Muskeln gleich mit weg und das ist dann noch schädlicher, als wenn man einfach dick bleibt.

Um an das Bauchfett heranzukommen, müsste man also abnehmen auf der einen Seite und Muskeln aufbauen auf der anderen Seite?

Ja, das wäre gut. Ist aber schwer. Am wichtigsten wäre daher, nicht auch noch die Muskeln zu verlieren, die man hat, sich also im Alltag möglichst viel zu bewegen. Mit 150 Kilogramm macht man zwar keinen Langlauf, aber man kann Spaziergänge machen und das hat durchaus bereits gesundheitliche Wirkung. Bewegung ist bei Adipositas ganz wichtig, damit die Entzündungsreaktion, die vom Fett ausgelöst wird, mithilfe der Muskeln genug Gegenspieler hat. Außerdem kann regelmäßige Bewegung auch helfen, dass man in der Stimmung ausgeglichener ist. 

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Was macht Ihnen mehr Sorgen: die steigende Zahl an Fettleibigkeit bei Erwachsenen oder bei Kindern?

Da ich Kinder- und Jugendarzt bin, liegt mir das mit den Kindern sehr am Herzen. Wichtig wäre hier vor allem, die Umgebung so zu gestalten, dass sie nicht adipositasförderlich ist. Also weniger Bildschirmzeit und mehr Bewegung. Darüber hinaus macht uns der Rückzug, das Verstummen, die Resignation der Kinder mit Übergewicht sehr viel Sorgen. Dieses Problem von Übergewicht bei Kindern kann man allerdings auch nicht allein mit Erziehung lösen, daher brauchen wir eine regulierende Gesundheitspolitik, die etwa klarmacht, dass gezuckerte Getränke keine Erfrischungsgetränke sind. Die Werbung für Süßes, Fettes und Salziges sollte eingeschränkt werden, denn das sind die Sachen, die uns süchtig machen. Stattdessen sollten wir auf mehr Pflanzennahrung setzen. 

Was brauchen wir noch?

Wir brauchen Fahrradwege in den Städten und sichere Schulwege, damit die Kinder zur Schule laufen. Und natürlich sollten die Eltern am besten selbst ein Vorbild sein, was Bewegung und gesunde Ernährung angeht. 

Wann sollte man sich bei Adipositas Hilfe suchen?

Spätestens wenn man merkt, dass man gesundheitliche Probleme hat, etwa Atemnot oder Gelenkschmerzen. Ganz wichtig ist zudem, dass die gesundheitlichen Probleme, die man bereits hat – wie etwa Bluthochdruck – behandelt werden. Manche Folgeschäden merkt man jedoch leider nicht direkt, wie etwa die Leberverfettung.

Macht es auch bei einem Body Mass Index unter 30 bereits Sinn, sich beraten zu lassen?

Das ist immer so eine Frage der Grenzwerte. Über einem BMI von 30 ist Adipositas als Krankheit offiziell anerkannt. Ab einem BMI von 27 steigt aber bereits das Risiko für Herzinfarkt. Wenn ich also aus einer Familie komme, in der Herzinfarkt ein Thema ist, sollte man sich bereits ab diesem Wert Gedanken machen. Es geht aber nicht nur um den BMI. Man könnte als Leitsatz sagen: Die dünne Couch-Potatoe ist kränker als der agile Übergewichtige.

Womit sollte man bei Adipositas am besten starten?

Wichtig ist, dass man nicht in den Diätenwahn hineinkommt, sondern sich zum Beispiel einen strukturierten Alltag schafft oder bei Schlafmangel beraten lässt. Abnehmen geht, aber das Gewicht zu halten, ist extrem schwer. Man könnte sich also fragen: Lohnt sich also die ganze Mühe nicht? Doch. Gesünder leben lohnt sich! Schnell Abnehmen ist dagegen ungesund. Wir wollen den Menschen daher Mut machen, gesünder mit Adipositas zu leben. 

Welche neuen Therapien gibt es zudem?

Seit vier bis fünf Jahren kommen zunehmend Medikamente auf den Markt, die nicht die Adipositas verschwinden lassen, aber das Gewicht gesund lenken können – wie nun zum Beispiel die Abnehmspritze „Wegovy“. Diese Medikamente haben durchaus Nebenwirkungen, aber wenn ein Mädchen oder ein Junge 150 Kilogramm wiegt, sollte man über diese nachdenken. Dann gibt es noch die Operation als Methode – etwa die Magenverkleinerung, aber auch hier gibt es Nebenwirkungen, die man bedenken muss. Beides hat jedoch für extrem Betroffene zugleich enorme Vorteile, weil zum Beispiel das Risiko von Diabetes verringert werden kann.

Welche Botschaft ist Ihnen noch wichtig?

Eigentlich ist es schade, dass man sich in der Diskussion immer so auf das Gewicht fokussiert. Wichtig ist ja auch Lebensqualität zurückzugewinnen und herauszufinden, wie man mit seiner Krankheit ein schönes Leben führen kann. Die Menschen sollten ihr Schicksal annehmen und schauen, wie sie freudige Bewegung in ihren Alltag einbauen können. Und wenn das mit einer Gewichtsreduktion einhergeht, dann ist das schön für die Patienten. Wichtig ist: Adipositas-Patienten sind an ihrer Lage nicht selbst schuld. Sie sind keine Schwächlinge, sondern sie sind die Opfer unseres Wohlstands.