Die Frankfurter Eintracht rechnet in dieser Saison mit drastischen Einbußen. Umso wichtiger ist, dass die Profis auf einen Teil ihrer Gehälter verzichten.
FRANKFURT. Die womöglich wichtigste Nachricht ist bei all den Interviews und Informationen, die die Frankfurter Eintracht seit einigen Tagen über ihre eigenen Medien auf den Markt schüttet, fast untergegangen: Sportvorstand Fredi Bobic hat sich mit den Spielern über einen Gehaltsverzicht bis zum Ende der Saison geeinigt. „Es macht mich stolz, dass die Mannschaft freiwillig auf Teile ihres Gehalts verzichtet hat und das immer noch tut, um der Eintracht zu helfen“, sagt Bobic. Über die Höhe des Verzichts wurde offiziell nichts gesagt, doch soll es sich weiterhin um jene zwanzig Prozent handeln, die schon im Frühjahr bis zum Ende der vergangenen Saison ausgehandelt worden waren. Insgesamt verzichten die Profis und andere führende Angestellte bei Personalkosten von etwas mehr als 90 Millionen Euro (Quelle: DFL) pro Saison auf knapp zwanzig Millionen Euro. Bobic deutlich: „Auch für uns ist diese Pandemie-Situation durchaus brisant. Auch wir müssen schauen, dass wir überleben.“
Das Überleben ist mit Blick auf die wirtschaftliche Situation des Klubs wörtlich zu nehmen. Bis zu 20 Millionen Euro habe die Eintracht in der letzten Saison verloren, hatte Bobics Vorstandskollege Axel Hellmann kürzlich gesagt. Für die laufende Saison prognostiziert er, dass die Umsatzeinbußen leicht auf das Vierfache ansteigen könnten. Denn auch die Planungen für diese Spielzeit sind durch den Verlauf der Pandemie, durch die Heftigkeit der zweiten Welle und den daraus resultierenden weiteren Einschränkungen des öffentlichen Lebens und damit auch der Zuschauersituation im Profisport wieder über den Haufen geworfen worden. „Wir haben immer gesagt, wir rechnen für die Rückrunde wieder nahezu mit Vollauslastung, wie meines Wissens alle Klubs“, gibt Hellmann zu, „diesen Plan müssen wir jetzt anpassen.“
Kaum jemand glaubt an zeitnahe Rückkehr der Zuschauer
Genauer gesagt: Diesen Plan können die Profivereine in die Tonne klopfen. Denn wer glaubt schon, dass im neuen Jahr die Zuschauer in großer Anzahl wieder in die Stadien zurückkehren können? Laut Hellmann komme die Eintracht daher ganz schnell auf 80 bis 90 Millionen Euro Umsatzverlust, „wenn auch die Rückrunde weitgehend ohne Zuschauer verläuft." Darum ist die nun gefundene Lösung mit den Spielern ein wichtiges Zeichen. Es ist mitten in der so komplizierten Situation eines mittelständischen Unternehmens wie die Eintracht eine ganz einfache Rechnung: Pro Heimspiel ohne Zuschauer gehen dem Klub rund zwei Millionen Euro verloren. Dazu kommen Einbußen bei TV-Geldern, national wie international. Und auch ein Einbruch bei Sponsorengeldern ist zu erwarten, selbst wenn die meisten Partner der Eintracht signalisiert haben, dem Klub die Treue zu halten. Allerdings wird der Einbruch der gesamten Volkswirtschaft natürlich auch die Bundesligavereine treffen. „Die Auswirkungen werden uns mindestens noch die nächsten beiden Jahre beschäftigen", glaubt Hellmann.
Dieser Erkenntnis waren auch die Transferaktivitäten in der letzten Periode im Sommer geschuldet. Die Eintracht hat kaum Geld für Ablösesummen ausgegeben (knapp eine Million Euro für Ajdin Hrustic), hat mehr darauf gesetzt, dass ausgeliehene Spieler wie Aymen Barkok oder Tuta die Mannschaft ergänzen oder ablösefreie Spieler geholt wie Amin Younes. Und im Winter wird das nicht anders sein. Darum wird es wohl auch keinen externen Nachfolger für David Abraham geben, der ja im Januar seine Karriere beendet. Das wirtschaftliche Überleben genießt bei der Eintracht in dieser Saison eindeutig Priorität vor dem sportlichen Fortkommen. Ein Platz mehr oder weniger in der Tabelle wird demnach keine Rolle spielen, das Ziel Europacupteilnahme ist schön, aber nicht zwingend. Alleine der Nichtabstieg ist die Minimalforderung an alle.
Von Peppi Schmitt