Der Aufsichtsrat von Eintracht Frankfurt tagt am Mittwoch. Es sind eine Millionen-Euro-Ablöse und die zügige Freistellung im Gespräch.
FRANKFURT. Beim Spiel am letzten Samstag gegen den VfB Stuttgart waren Aufsichtsratsmitglieder und Vorstandskollegen der Frankfurter Eintracht zum ersten Mal wieder mit Fredi Bobic zusammengetroffen, nachdem der Sportvorstand in einem ARD-Interview offiziell verkündet hatte, den Klub trotz eines laufenden Vertrages verlassen zu wollen. Ziel soll Hertha BSC sein.
Die tiefen Gräben schienen alleine schon an der Sitzordnung deutlich zu werden, was allerdings vor allem an den Corona-Vorgaben liegt. Die Nähe zu Bobic hat allerdings auch keiner gesucht, nicht die Vorstände Axel Hellmann und Oliver Frankenbach und nicht die Aufsichtsräte Philip Holzer, Peter Fischer und Stephen Ohrenstein. Am Mittwoch nun trifft sich der Aufsichtsrat (AR), um den „Fall Bobic“ zu besprechen und die Linie des Klubs festzulegen. Mit dabei sein soll auch der frühere AR-Vorsitzende Wolfgang Steubing. Der Krach um und mit Bobic hat viele Facetten. Wir fassen zusammen, was war, was ist und was wird.
Was war:
Bobic hat sein Amt 2016 angetreten und den Vertrag 2018 um fünf Jahre bis 2023 zu verbesserten Bezügen verlängert. Dennoch will er gehen. Er behauptet, bereits 2020 den damaligen AR-Chef Steubing informiert zu haben, dass er gehen wolle. Nur wegen Corona habe er sich bereit erklärt noch ein Jahr dranzuhängen. Zwischen den Zeilen erklärt Bobic, Steubing habe ihm zugesagt, dass er 2021 gehen könne. Intern hat Steubing dies bestritten. Auch der neue AR-Vorsitzende Holzer, seit Juli 2020 im Amt, will von einer Absprache nichts wissen. Bobics Aussage, „dass alle Bescheid gewusst haben“, wird von den Beteiligten heftig widersprochen. Besonders übel nimmt der AR dem wechselwilligen Sportvorstand, dass er sämtliche interne Abmachungen ignoriert habe.
Während Holzer am Dienstag letzter Woche in einer offiziellen Presseerklärung von einer Verabredung zu Gesprächen „über einen Verbleib oder einen vorzeitigen Wechsel“ angekündigt und das vereinbarte „absolute Stillschweigen“ betont hatte, war Bobic im Fernsehen vorgeprescht. „Ich brauche gar nicht rumzueiern, am Ende der Saison ist definitiv Schluss“, hatte er in der ARD gesagt und damit der Eintracht vor den Kopf gestoßen.
Was ist:
Seitdem hängt der Haussegen schief. Die Kommunikation zwischen den Beteiligten ist auf das Nötigste beschränkt, Bobic steht innerhalb des Klubs völlig isoliert da. Mit der Vertragsverlängerung von Chefscout Ben Manga, in Zukunft Direktor Profifußball, hat die Eintracht einem möglichen Abwerbungsversuch einen Riegel vorgeschoben. Intern wird davon gesprochen, dass Bobic ohne Manga, den er selbst installiert hatte, nur die Hälfte wert sei. Hinter den Kulissen suchen die Verantwortlichen längst einen Nachfolger, treiben eine Umstrukturierung in der sportlichen Führung voran. Von den Medien ins Spiel gebrachte, aber vom Klub nicht bestätigte Kandidaten, haben bereits aus den unterschiedlichsten Gründen abgesagt. So der Hamburger Jonas Boldt, der Hoffenheimer Alexander Rosen und der Berner Christoph Spycher.
Mit öffentlichen Aussagen haben sich die Beteiligten zuletzt zurückgehalten. Bobics Vorstandskollege Axel Hellmann aber hat am Rande einer Veranstaltung des Fachmagazins „Sponsors“ klare Worte gefunden, ohne Bobic beim Namen zu nennen. Um erfolgreich arbeiten zu können, benötige die Eintracht auf der Führungsebene „eine Mannschaft, die für Kontinuität steht“, sagte Hellmann, „ob ein Spieler, Trainer oder Vorstand kommen oder gehen will, wird die Struktur dieses Klubs nicht verändern“. Durchaus als kleiner Seitenhieb Richtung Bobic kann dieser Satz verstanden werden: „Wie wollen Sie eine Fußballstrategie aufbauen, wenn sich das Führungspersonal alle zwei oder drei Jahren in seinen Grundlagen verändert?“
Was wird:
Der AR muss darüber befinden, ob es Sinn macht, Bobic zur Einhaltung des Vertrages und damit zum Bleiben zu zwingen. Das gilt als wenig wahrscheinlich, dafür hat der Sportvorstand zu viel Porzellan zerschlagen. Wahrscheinlicher ist, dass die Eintracht eine „Ablöse“ für Bobic verlangen wird. Dass im Hintergrund Hertha BSC steht, ist seit dem Wochenende klar. Es werde über Bobic „diskutiert“, bestätigte Hertha-AR Jens Lehmann, „wenn er sagt, er geht, dann wollen die dafür eine Menge Geld sehen". Lehmann siedelte die Ablöseforderung der Eintracht bei ungefähr fünf Millionen Euro an. In Frankfurt gibt es nicht wenige, die dies als unterste Grenze sehen. „Es kostet viel Geld“, räumte Lehmann ein, der als Vertreter von Hertha-Investor Windhorst im Berliner AR sitzt, „da muss man gucken, ob es sich dann wirklich lohnt."
Die finanzielle Voraussetzung für einen vorzeitigen Abschied ist aber nicht der einzige Streitpunkt. Die Eintracht diskutiert auch, ob Bobic in den nächsten drei Monaten noch die sportlichen Planungen maßgebend beeinflussen sollte. Da wären Interessenskonflikte programmiert. Eine Freistellung, keine Entlassung, steht im Raum und wäre nachvollziehbar. Vieles wird darauf ankommen, wie sich Bobic in der AR-Sitzung verhält, einsichtig wie es der Lage entspricht oder bockig wie es seine Art ist.
Von Peppi Schmitt