Der FSV macht den Bayern die vorzeitige Meisterschaft kaputt und sammelt nicht eingeplante drei Punkte im Abstiegskampf. Beim 2:1 führen die 05er den FCB eine Hälfte lang vor.
MAINZ. Sensationssieg für den 1. FSV Mainz 05 in der Fußball-Bundesliga: Nach einer eindrucksvollen Darbietung gegen den FC Bayern München schlagen die Rheinhessen den deutschen Fußball-Rekordmeister mit 2:1 (2:0), Jonathan Burkardt (3.) und Robin Quaison (37.) trafen, der Anschlusstreffer von Robert Lewandowski (90.+4) kam für Bayern zu spät. Damit spuckten die Mainzer den Münchner einerseits gewaltig in die Suppe: Der FCB hatte mit einem Sieg eigentlich die 30. Meisterschaft vorzeitig perfekt machen können. Die Feierlichkeiten müssen die Bayern nun verschieben. Anderseits sackte das Team von Coach Svensson drei unerwartete drei Punkte im Kampf gegen den Abstieg ein. Nach nun schon 27 Zählern in der Rückrunde stehen sie bei insgesamt 34 und fünf Punkte vor dem Relegationsplatz.
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Herausragende erste Hälfte der Mainzer
Die Hausherren lieferten gegen die Münchner eine Wahnsinns-Halbzeit ab, die stark an glorreiche Siege der Bruchweg-Boys gegen den Rekordmeister vor mehr als zehn Jahren erinnern ließ. Die Mainzer führten den Champions-League-Sieger, vor allem defensiv, regelrecht vor und hätten zur Pause schon 4:0 oder 5:0 führen können. Durch Tore von Jonathan Burkardt (3.) und Robin Quaison (37.) stand es nach 45 Minuten allerdings „nur“ 2:0 für die Hausherren.
Umso erstaunlicher war dieses Resultat mit Blick auf die bayerische Aufstellung. Bayerns Trainer Hansi Flick bot das bestmögliche Team auf – inklusive Weltfußballer Robert Lewandowski. Der Pole, der den 40-Tore-Allzeit-Rekord von Gerd Müller jagt, feierte sein Comeback, nachdem er die vergangenen sechs Partien verletzungsbedingt verpasst hatte.
Bei den 05ern brachte Coach Svensson mit Alexander Hack, Danny da Costa, Danny Latza, Robin Quaison und Jonathan Burkardt fünf frische Leute von Beginn an, dafür saßen Stefan Bell, Dominik Kohr, Jean-Paul Boetius, Adam Szalai und Daniel Brosinski auf der Bank. Mutiger sein als zuletzt, das hatte Svensson von seinem Team gefordert, trotz jüngst sechs ungeschlagenen Duellen am Stück. Und damit fand der Däne zu 100 Prozent Gehör. Die Mainzer überließen den Münchner zwar erwartungsgemäß weitestgehend den Ballbesitz. Doch sie verteidigten äußerst leidenschaftlich und standen dem Starensemble vom Anpfiff weg auf den Füßen. Hatten die Rheinhessen zudem selbst den Ball, trauten sie sich etwas zu. Allen voran Burkardt hatte sich richtig etwas vorgenommen.
Den ersten 05-Konter schloss er direkt ab, überwand FCB-Keeper Manuel Neuer per Drehschuss von der Sechszehner-Kante (3.). Der erste Nadelstich saß. Er schockte einerseits die Bayern, verlieh andererseits den Hausherren weiter Auftrieb. Hatten sie den Ball, ließen sie die Münchner Defensive stellenweise richtig alt aussehen. Die Folge: eine ganze Reihe Chancen für Mainz, inklusive zwei Pfostentreffern von Danny Latza (10., Kopfball aus 16 Metern) und Danny da Costa (18., abgefälschter Schuss). Dazu fand Robin Quaison (15./20.) zweimal in Neuer seinen Meister.
Auf der anderen Seite kam der Favorit nur zu wenigen Torabschlüssen: Lewandowski verzog freistehend aus 16 Metern ungewohnt deutlich (17.), Leroy Sané schlenzte den Ball aus der Distanz vorbei (24.).
2:0 zum richtigen Zeitpunkt
Gerade als sich die Bayern fingen, ihr Spiel besser strukturierten, schlugen die Rheinhessen erneut zu: Quaison köpfte einen perfekt getretenen Freistoß von Phillipp Mwene ein (37.). Das i-Tüpfelchen aus Mainzer Sicht auf eine sehr bemerkenswerte erste Halbzeit.
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Doch die Mainzer wussten: Auch im Hinspiel (2:5) hatten sie zur Pause 2:0 geführt, waren dementsprechend gewarnt. Das Ergebnis schmeckte dem Rekordmeister natürlich nicht, Flick hatte zur Pause dreimal gewechselt. Auf der anderen Seite war Burkardt in der Kabine geblieben, der in der ersten Hälfte ordentlich hatte einstecken müssen.
Die Bayern schraubten ihren Ballbesitz nach dem Seitenwechsel noch nach oben und liefen an, während sich die 05er nun etwas tiefer in die eigene Hälfte zurückzogen. Im Hinspiel hatten die 05er innerhalb von zehn Minuten den Ausgleich kassiert, diesmal überstanden sie die Minuten nach Wiederanpfiff unbeschadet. Und ohne große Torchancen zuzulassen. In der 63. Minuten näherte sich Joshua Kimmich zum ersten Mal mit einem Distanzschuss dem Kasten von des bis dahin fast beschäftigungslosen FSV-Keepers Robin Zentners an, der kurz darauf gegen Eric-Maxim Choupo-Moting (63.) zum ersten Mal und später (76.) noch einmal gegen den Ex-05er zupacken musste.
Die in der Rückrunde defensiv enorm stabilisierten Rheinhessen ließen danach ansonsten nicht viel anbrennen, verteidigten konsequent, boten wenig Raum und ließen die Gäste verzweifeln. Selbst der Münchner Hoffnungsträger Lewandowski sah gegen die Mainzer Abwehr kaum Land. Bis zur Schlussminute, als Alexander Hack Lewandowski zu dessen 36. Saisontor einlud. Kurz darauf war Schluss und der Jubel auf Mainzer Seite riesig.
Zum bis dato letzten Mal Zählbares hatten die 05er ziemlich genau vor vier Jahren beim 2:2 in München gegen die Bayern geholt. Der letzte Heimsieg datiert aus dem Jahr 2011. Beim 3:2 stand damals noch ein gewisser Bo Svensson als Spieler auf dem Platz, der als Aktiver den FCB insgesamt dreimal besiegen konnte. Der insgesamt letzte Sieg (2:1) gegen die Münchner ist fünf Jahre her.
Der jüngste war der insgesamt fünfte dreier gegen den Rekordmeister und auf jeden Fall einer, der noch vielen 05-Fans im Gedächtnis bleiben dürfte.
Von Nils Salecker