Nach einer schwachen Leistung im Rhein-Main-Derby gegen Mainz 05 bangt Eintracht Frankfurt um den Einzug in die Champions League. Immer lauter wird die Kritik an Trainer Hütter.
FRANKFURT. Die Fachzeitschrift „Kicker“ hat die eindeutigste, klarste und zutreffendste Einschätzung der Leistung der Frankfurter Eintracht beim 1:1 gegen Mainz getroffen: „Von allem zu wenig. Eine fast schon grotesk schlechte Leistung.“ Auch die anderen professionellen Beobachter waren sich einig. Frankfurter Rundschau: „Ideenlos und uninspiriert.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Weder Esprit noch Aggressivität noch Dynamik.“ Wiesbadener Kurier: „Eine traurige Vorstellung.“ Auch die Fans haben ihr Urteil gesprochen. Für sie ist Trainer Adi Hütter der Hauptschuldige für den Sturz der Eintracht aus den Champions-League-Rängen, für den spielerischen Absturz, der mit der unprofessionellen Bekanntgabe des Weggangs des Trainers nach Mönchengladbach begonnen hatte.
Der Trainer, der die Eintracht lange Zeit so gut geführt hat, ist inzwischen zunehmend isoliert. Auch in Vorstand und Führungsspitze mehren sich seit Wochen die Zweifel, doch alle machen wegen des Zeitpunkts zwei Spiele vor Saisonende gute Miene zum schlechten Spiel. Eine Entlassung jetzt würde keinen Sinn mehr machen.
Keine Lösungen für ein vorhersehbares Spiel
Hütter steht sich und der Mannschaft und damit dem Erfolg in diesen Tagen selbst im Weg. Auch bei ihm hat der baldige Arbeitsplatzwechsel Spuren hinterlassen. Die Sturheit in Bezug aus Aufstellung, Einstellung, Ein- und Auswechslungen waren gegen Mainz zumindest erstaunlich, passen eigentlich nicht zu seiner in den vergangenen Jahren geleisteten Arbeit. Eine Aussage nach dem Spiel geriet zudem noch unabsichtlich zu einer Provokation. „Wir haben teilweise über unsere Verhältnisse gespielt, sicherlich auch an der Obergrenze", sagte er. Das ist sicher keine Motivation für eine Mannschaft, die seltsam motivationslos aufgetreten war, über weite Strecken fast schon blutleer. Jedenfalls nicht so, wie eine Mannschaft auftreten muss, der sich eine historische Chance bietet.
Hütter hat es in der zweiwöchigen Pause nicht geschafft, Lockerheit und Entschlossenheit ins Team zu bringen, er hat es nicht geschafft, Spannung aufzubauen und er hat es nicht geschafft gemeinsam mit der Mannschaft Lösungen für das vorhersehbare Spiel gegen Mainz zu finden. Sich jetzt darauf zurückzuziehen, dass die tollen Leistungen von vor wenigen Wochen mit den spektakulären Siegen gegen Union, Wolfsburg und Dortmund quasi Zufall gewesen seien, klingt wie eine billige Rechtfertigung.
Auch Bobic ohne sachliche Autorität
Das dürfte auch bei der Vereinsführung nicht gut angekommen sein. Doch die Bosse der Eintracht stehen dem spielerischen Absturz, der einhergeht mit einer großen Enttäuschung, aus den unterschiedlichsten Gründen ziemlich machtlos gegenüber. Zum einen können sie nicht wirklich ausblenden, dass Hütters Argument, Platz 5 sei schließlich auch gut, im Gesamtkontext nicht von der Hand zu weisen ist. Zum anderen haben sie ihm mit der öffentlichen Unterstützung nach dem Wortbruch den roten Teppich ausgelegt, um für den Endspurt Ruhe zu garantieren. Und schließlich steht an der sportlichen Spitze ja noch immer Fredi Bobic, der mit seinem geplanten Vertragsbruch die Lawine erst ins Rollen gebracht und somit keinerlei sachliche Autorität gegenüber den Spielern mehr hat.
Eine Autorität, die irgendwann auch Hütter abhandengekommen ist, auch wenn er selbst und die Spieler dies von sich weisen. Doch den Worten sind keine Taten gefolgt. Wie sollte es auch sonst interpretiert werden, wenn bei einer Trinkpause Mitte der zweiten Halbzeit Martin Hinteregger erst gar nicht zur Bank gelaufen ist und lieber ein kleines Pläuschchen mit Torwart Trapp geführt hat. Die anderen hatten die Worte des Trainers offensichtlich gleichmütig angehört, eine besondere Motivation war in der unmittelbaren Folge jedenfalls nicht zu spürten. Von außen, so der Eindruck, hat die Mannschaft im Nachbarschaftsduell wenig bis keine Unterstützung erfahren. Und selbst hat diese Mannschaft wenig Eigenverantwortung übernommen, gerade weil Führungsspieler wie Hinteregger, Hasebe, Rode oder Kostic weit unter Form blieben.
Hütters Sturheit im Umgang mit Amin Younes
Der Frankfurter Trainer hat sich vor allem angreifbar gemacht wegen seiner Sturheit im Umgang mit Amin Younes. Wieder hat er den Dribbler erst eine knappe halbe Stunde vor dem Ende eingewechselt, obwohl schon früh klar war, dass die Taktik mit zwei Spitzen diesmal ein Schlag ins Wasser werden würde.
Gute Trainer zeichnen sich dadurch aus, dass sie Fehler während des Spiels korrigieren. Hütter hat genau dies schon oft unter Beweis gestellt. Bei Younes aber hat er auf stur geschaltet. Dass der Nationalspieler, sicher nicht in Bestform, dennoch den Ausgleich vorbereitet hat, war ein Beweis für die vorangegangene Fehleinschätzung. Die Bewertung von Younes, „Amin hatte beim Ausgleich seine Füße im Spiel und daher auch seinen Teil zum Unentschieden beigetragen“, war reserviert und geriet maximal peinlich.
Zwei Spiel noch, dann ist Hütters Zeit in Frankfurt abgelaufen. Es könnten schwierige vierzehn Tage für alle werden. „Noch ist der Fight nicht verloren“, sagte er nach dem Spiel kämpferisch. Doch für ein Happyend braucht die Eintracht Schützenhilfe aus Mainz und vor allem zwei eigene Siege.
Von Peppi Schmitt