Spannung pur: Mainz 88 gewinnt den Final-Hinkampf

Eine Bank für die Mainzer: Beka Bujiashvili (rot) holt gegen den Schorndorfer Engin Cetin einen 20:0-Sieg.
© Sascha Kopp

Die Ringer des ASV Mainz 88 dürfen weiter vom vierten DM-Titel träumen: Die Rheinhessen setzten sich im Hinkampf knapp gegen den ASV Schorndorf durch. Der Liveticker zum Nachlesen.

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Mainz. Teil eins des großen Showdowns um die deutsche Meisterschaft im Ringen. An diesem Samstagabend stieg in Mombach in der Halle am Großen Sand der Hinkampf um den DM-Titel zwischen dem ASV 88 Mainz und dem ASV Schorndorf. 1400 Zuschauer sorgten für ausgelassene Stimmung. Am Ende setzten sich die Gastgeber nach zehn packenden Kämpfen mit 14:13 durch. Es wartet also ein heißer Ritt auf die Mainzer beim Rückkampf am 11. Februar in der Stuttgarter Scharr-Arena. „Es geht wieder bei Null los, die Chancen stehen weiter bei 50:50”, befand 88-Cheftrainer David Bichinashvili. „Die Jungs haben heute jede Sekunde an sich geglaubt, waren eine absolute Einheit. Wir haben vor einer großartigen Kulisse beste Werbung für unseren Sport geboten. Es wird sehr, sehr schwierig in Stuttgart, aber wir glauben fest daran, dass wir die Energie, die uns entgegenschlägt, kanalisieren können. Wir wollen nach 1973, 1977 und 2013 zum vierten Mal den Titel holen”, meinte der Mainzer Vorsitzende Baris Baglan. Hier die Kämpfe des Hinkampfs zum Nachlesen:

75 Kilo Greco

Mohammed Damankhoshk - Iuri Lomadze: Es will direkt nicht laufen für den 88er, der gegen den haushohen Favoriten schnell in Rückstand gerät. Kurz vor Ende des ersten Durchgangs wird Damankhoshk dann ein zweites Mal für Beinarbeit bestraft und disqualifiziert, Lomadze gewinnt vorzeitig. Endstand: 14:13.

75 Kilo Freistil

Murad Kuramagomedov - Shamil Ustaev: Mit der Team-Führung im Rücken dreht der Mainzer so richtig auf, kommt schnell zu einem Überwurf. Nach drei Minuten steht es 6:0 für den konzentriert zu Werke gehenden Ungarn. Und der 88er, gegen seinen Ex-Club besonders motiviert, marschiert weiter. Direkt nach Wiederbeginn bekommt er Ustaevs Bein zu fassen und erhöht auf 8:0. Kurz darauf auf 9:0. Kuramagmedov bleibt hellwach, holt sich gegen seinen Freund und Trainingskameraden drei Mannschaftspunkte. Und damit ist klar: Der Sieg ist den 88ern heute nicht mehr zu nehmen. Es geht aber natürlich um weitere wertvolle Zähler angesichts des schweren Rückkampfs in einer Woche. Zwischenstand: 14:9.

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80 Kilo Freistil

Pouria Taherkhani - Dawid Wolny: Der Mainzer holt sich den ersten Punkt, bearbeitet seinen Kontrahenten immer wieder. Zur Pause ist es aber ein völlig offenes Duell. Nach dreieinhalb Minuten nutzt Taherkhani dann eine Unachtsamkeit von Wolny, ergattert sich eine Zweier-Wertung. Das war richtig stark! 30 Sekunden später legt er nach - das 5:0. Eine Minute vor dem Schlussgang kommt der Neuzugang dann zwei Mal pfeilschnell hinter den Schorndorfer, führt 10:0. Eine klasse Leistung des Mainzers, der letztlich sogar 12:0 die Nase vorne hat. Auf zwei Mannschaftspunkte hatten die Mainzer gehofft - nun ist es sogar einer mehr geworden. Zwischenstand: 11:9.

71 Kilo Greco

Deyvid Dimitrov - Ruslan Kudrynets: Eineinhalb Minuten tasten sich beide erst mal ab, ehe der Mainzer regelrecht explodiert. In der Bodenlage gelingen Dimitrov gleich drei spektakuläre Aktionen, der Bulgare geht mit 9:0 in Führung. Zur Halbzeit heißt es 9:1. Auch Dimitrov muss in die Bodenlage, der 88er kommt aber blitzschnell hoch und schafft wenig später das 10:1. Der Bulgare lässt sich nicht nach, kämpft mit blutiger Lippe weiter und sichert den Mainzern drei wertvolle Mannschaftspunkte. Zwischenstand: 8:9.

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86 Kilo Greco

Mateusz Wolny - Dogan Göktas: Es ist das erwartet enge Duell. Zur Mitte des ersten Durchgangs sichert sich der Pole im 88-Dress dann einen kleinen Vorteil, schickt Göktas in die Bodenlage. Mehr passiert allerdings nicht. Mit 1:0 führt Wolny also zur Hälfte des Kampfes. 30 Sekunden nach Wiederanpfiff muss Wolny dann in die Bodenlage: Göktas, EM-Elfter von 2019, dreht den Mainzer ein Mal, geht 3:1 in Front. Wolny steckt nicht auf, befördert wiederum Göktas auf den Bauch. Der Pole hebt den Schorndorfer zwar aussichtsreich an, kann aber keine Wertung erzielen. Wolny probiert alles, doch die Zeit läuft ihm davon. Der 88er muss sich mit 1:3 geschlagen geben. Zwischenstand: 5:9.

Pause

Nach fünf von zehn Kämpfen liegen die 88er mit 5:8 zurück. Ein, zwei Pünktchen mehr wären durchaus drin gewesen. Noch ist aber nichts verloren, schließlich schicken die Hausherren zum Beispiel noch die Topringer Deyvid Dimitrov (71 Kilo Greco) und Murad Kuramagomedov (75 Kilo Freistil) ins Rennen. Spannend dürfte das Duell zwischen dem Mainzer Mateusz Wolny und Schorndorfs Dogan Göktas (86 Kilo Greco) werden.

66 Kilo Freistil

Ashot Shahbazyan - Georgi Vangelov: Ein richtig dicker Brocken für den Mainzer Nachwuchsmann, der sich zunächst bravourös gegen den bulgarischen EM-Dritten schlägt. Der 88er hält lange mit, kassiert erst kurz vor der Pause das 0:6. Zu Beginn des zweiten Durchgangs gibt Vangelov weiter Gas, erhöht mit drei Zweier-Wertung auf 12:0. Nach 5:09 Minuten ist es dann amtlich: Vangelov erzielt das 16:0, gewinnt überlegen. Zwischenstand: 5:8.

98 Kilo Freistil

Ahmed Dudarov - Ertugrul Agca: Der 88er agiert direkt extrem fokussiert, befördert Agca, immerhin WM-Fünfter der jüngsten U23-WM, artistisch auf die Matte - das 4:0 nach etwas mehr als einer Minute. Die Halle feiert Dudarov, Hunderte schreien „Ahmed, Ahmed”. Der Ex-Nackenheimer, immerhin zehn Kilo leichter als Agca, gibt klar den Ton an, liegt nach den ersten drei Minuten mit 5:0 in Front. Nach der Pause verliert der Mainzer dann aber die Kontrolle, Agca schnappt sich nach wenigen Sekunden direkt eine Zwei. Dudarov beißt nun, wird wieder aktiver und holt sich einen weiteren Punkt. In der letzten Minute verkürzt der Schorndorfer auf 3:6, rennt mutig nach vorne. Und erhält neun Sekunden vor dem Ende seinen vierten Zähler. Schließlich rettet sich Dudarov über die Zeit. Ein gelungener Coup der Mainzer, ein wichtiger Mannschaftspunkt. Zwischenstand: 5:4.

Ahmed Dudarov (links) vom ASV 88 Mainz legt im Kampf gegen Ertugrul Agca (ASV Schorndorf) eine Flugeinlage hin.
Ahmed Dudarov (links) vom ASV 88 Mainz legt im Kampf gegen Ertugrul Agca (ASV Schorndorf) eine Flugeinlage hin.
© Sascha Kopp

61 Kilo Greco

Ibrahim Fallacara - Georgios Scarpello: Der Youngster aus Baden-Württemberg geht hier richtig zur Sache, besorgt sich rasch das 3:0 und durch einen Überwurf sogar das 7:0. Routinier Fallacara tut sich schwer mit den flinken Bewegungen von Scarpello. Nach der Pause tritt der 88er dann auch bissiger auf, schickt seinen Gegner in die Bodenlage - kann diesen aber nicht drehen. Es bleibt letztlich beim 7:1 für den Schorndorfer. Zwischenstand: 4:4.

130 Kilo Greco

Konsta Mäenpää - Jello Krahmer: Der Schorndorfer investiert zu Beginn einen Tick mehr, markiert nach einer Minute das 1:0. Nach eineinhalb Minuten muss Mäenpää in die Bodenlage, was Krahmer geschickt nutzt: Der agile EM-Dritte von 2022 dreht den Mainzer zwei Mal. Es steht 6:0 für Krahmer zur Pause. Mäenpää riskiert nun mehr, doch Krahmer hat das Duell im Griff. Erneut muss der Finne auf den Bauch - doch diesmal wehrt er die Angriffe des Kontrahenten ab. Kurz darauf holt sich Krahmer das 8:0, er schiebt 129-Kilo-Mann Mäenpää wie ein D-Zug von der Matte. Der 88er, der nach einer Corona-Erkrankung noch nicht bei 100 Prozent ist, kämpft verbissen, sichert sich 15 Sekunden vor Schluss eine wichtige Zwei und lässt keine weiteren Zähler zu. Damit gehen zwei Mannschaftspunkte nach Baden-Württemberg. Unter dem Strich hatten sich die Gastgeber mehr ausgerechnet, sogar auf einen Sieg von Mäenpää spekuliert. Zwischenstand: 4:2.

Zwei Schwergewichte unter sich: Der Mainzer Konsta Mäenpää (links) im Duell mit Jello Krahmer.
Zwei Schwergewichte unter sich: Der Mainzer Konsta Mäenpää (links) im Duell mit Jello Krahmer.
© Sascha Kopp

57 Kilo Freistil

Beka Bujiashvili - Engin Cetin: Der Mainzer legt stark los, erzielt nach knapp 60 Sekunden mit einem Schulterwurf die erste Zweier-Wertung. Kurz darauf gelingt dem Georgier sogar ein Überwurf zum 6:0. Bujiashvili wirkt topfit, führt zur Halbzeit 7:0. Zu Beginn des zweiten Durchgangs marschiert der EM-Dritte von 2022 weiter, erhöht auf 11:0. Nach vier Minuten heißt es 13:0. Nach 4:29 Minuten ist es dann soweit: Bujiashvili sichert sich die nächste Vier, gewinnt vorzeitig mit 17:0. Ein furioser Auftritt! Zwischenstand: 4:0.

Einlauf der Kämpfer

Unter dem Jubel der Zuschauer, darunter der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling, laufen die Mainzer Athleten ein. Ein jeder 88er wird lautstark gefeiert. Viele 88-Fans, darunter der eine oder andere Mainzer OB-Kandidat, sind in roten Oberteilen gekommen. Soeben wird die deutsche Nationalhymne gespielt - und schon geht es los. Die Gäste-Anhänger skandieren zum Start „Ihr seid nur ein Karnevalsverein.”

Die Kämpfer werden von Cheerleadern begrüßt.
Die Kämpfer werden von Cheerleadern begrüßt.
© Sascha Kopp

Es geht gleich los

„Im Schatten des Doms” schallt es gerade durch die ausverkaufte Halle, in der die Spannung zum Greifen nah ist. In wenigen Minuten beginnt das Südwest-Duell um den DM-Titel. Im ersten Kampf des Abends stehen sich bis 57 Kilogramm (Freistil) der Mainzer Punktegarant Beka Bujiashvili, georgischer EM-Dritter von 2022, und der Türke Engin Cetin, EM-Fünfter 2017, gegenüber - direkt ein Leckerbissen zum Auftakt.

Die Halle füllt sich

Nur noch eine gute halbe Stunde bis zum ersten Kampf! Die Stimmung ist bestens. Die einzelnen Begegnungen stehen fest, die Zuschauer verfolgen das Vorprogramm auf der Matte. 1400 Zuschauer (dafür wurden zusätzliche Tribünen aufgebaut) werden gleich etliche Weltklasse-Duelle sehen. Bei den Gästen, die auf die Unterstützung von 100 mitgereisten Fans bauen können, stechen unter anderem Georgi Vangelov (3. EM 2022), Jello Krahmer (3. EM 2022) und Iuri Lomadze (2. EM 2020) heraus.

Die heutigen Duelle

57 Kilo Freistil: Beka Bujiashvili - Engin Cetin

130 Kilo Greco: Konsta Mäenpää - Jello Krahmer

61 Kilo Greco: Ibrahim Fallacara - Georgios Scarpello

98 Kilo Freistil: Ahmed Dudarov - Ertugrul Agca

66 Kilo Freistil: Ashot Shahbazyan - Georgi Vangelov

86 Kilo Greco: Mateusz Wolny - Dogan Göktas

71 Kilo Greco: Deyvid Dimitrov - Ruslan Kudrynets

80 Kilo Freistil: Puria Taherkhani - Dawid Wolny

75 Kilo Freistil: Murad Kuramagomedov - Shamil Ustaev

75 Kilo Greco: Mohammed Damankhoshk - Iuri Lomadze

Gute Erinnerungen an 2022

Im Halbfinale vor einem Jahr lieferten sich beide Clubs einen wahren Krimi. Die 88er hatten den Hinkampf 14:11 gewonnen, im Rückkampf lagen sie bereits mit 0:13 hinten, ehe sie eine furiose Aufholjagd starteten. Am Ende hatte Schorndorf zwar mit 14:12 die Nase vorne, aber die Mainzer das Finale erreicht, wo sie Wacker Burghausen unterlagen. Die Schorndorfer wiederum denken gerne an 1975 zurück: Damals schlugen sie die Mainzer im Endkampf mit 21:15 (vor 3000 Zuschauern in Rüsselsheim) und 22:14 (vor 5000 Zuschauern in Waiblingen) und holten ihren bisher einzigen DM-Titel. Für die 88er wäre es nach 1973, 1977 und 2013 der vierte Triumph.

Das sagen die Verantwortlichen vor dem Finale

ASV-Vorsitzender Baris Baglan sieht Schorndorf in der Favoritenrolle: „Auch wenn der ASV Schorndorf favorisiert ist, weil er den „FC Bayern” aus dem Wettbewerb genommen hat, wollen wir unsere Sasion krönen und zum 4. Mal nach der Krone greifen. Mit der Mainzer Wand im Rücken ist alles möglich und wir wollen alles!“ Gäste-Trainer und -Sportvorstand Sedat Sevsay gibt sich ebenfalls angriffslustig: „Wir sehen gute Chancen, wir wollen jetzt Meister werden.” Die Erfahrung spreche aus seiner Sicht eher für die 88er, „aber wir haben einen sehr breiten und in der Spitze starken Kader”. Man wolle „den nächsten Schritt gehen”, sich zudem für die Niederlage im Vorjahres-Halbfinale revanchieren.