Der ADAC wünscht sich eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket. Was den Tankrabatt angeht, fällt die Bilanz des Automobilclubs hingegen überraschend negativ aus.
WIESBADEN. Überraschung. Der ADAC hat sich eindeutig gegen eine Verlängerung des Tankrabatts und für eine 9-Euro-Ticket-Nachfolgelösung ausgesprochen. Eine klare Mehrheit der Autofahrer und Mitglieder des Automobil-Clubs befürworten nach einer repräsentativen Umfrage die Einführung eines subventionierten Angebots für den Nahverkehr. „Ein bundesweit gültiger und einfacher Tarif sowie die Ausweitung der Zugkapazitäten und Takte ist besonders wichtig, um die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs für Autofahrer zu erhöhen“, berichtete ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand. Wichtiger als ein günstiger Preis sei insbesondere im ländlichen Raum ein besseres Angebot.
Knapp die Hälfte der Befragten hat in mindestens einem Monat ein 9-Euro-Ticket erworben. Immerhin ein Drittel der Befragten nutzte während des Aktionszeitraums häufiger Bus und Bahn. Jeder Zweite machte damit zudem positive Erfahrungen. Genutzt wurde das Ticket überwiegend für Freizeitfahrten. Ein Viertel setzte es auch für die Fahrt zur Arbeit ein.
Tankrabatt sendet falsches Preissignal
Der Automobil-Club schließt sich der Forderung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen VDV an, der ein bundesweites 69-Euro-Monatsticket ins Spiel gebracht hat.
Der Tankrabatt wird dagegen vom ADAC wesentlich skeptischer eingestuft. Autofahrer haben nach der Umfrage im Auftrag des ADAC den Wagen weniger häufiger stehengelassen als noch im Frühjahr. Gleichzeitig wurde etwas seltener die Fahrweise angepasst, um Kraftstoff zu sparen. Dies erklärt der Automobil-Club zu einem Teil damit, dass man sich offenbar etwas an die hohen Preise an der Tankstelle gewöhnt habe. Gleichzeitig nehme in den Sommermonaten die Reise-Mobilität ohnehin zu. Jedoch habe auch der Tankrabatt den Kostendruck gesenkt und damit zur häufigeren Nutzung des Autos angeregt.
Die Fortsetzung des Tankrabatts erscheine zwar vordergründig aus Verbrauchersicht wünschenswert, aber sie würde das falsche Preissignal senden und damit nicht die Energiesparziele unterstützen, argumentiert der ADAC-Verkehrspräsident. Sinnvoller ist nach Ansicht des Automobil-Clubs, die nicht an Verkehrsträger gebundene Entfernungspauschale ab dem ersten Kilometer auf 38 Cent zu erhöhen und Berufspendler direkt zu entlasten. Darüber hinaus müssten besonders Bedürftige angesichts der allgemeinen Preissteigerungen unterstützt werden. Der Bund müsse jetzt sein Konzept für ein allgemeines Klima-Geld vorlegen. „Der Tankrabatt hat nach Einschätzung des ADAC zwar dafür gesorgt, dass die Kraftstoffpreise gesunken sind. „Dabei wurde die Steuersenkung allerdings insgesamt nicht vollständig an die Verbraucher weitergegeben“, kritisiert der ADAC-Verkehrspräsident. Die Mineralölindustrie habe sich in den vergangenen Tagen vor dem Auslaufen des Tankrabatts bereits wieder ein Preispolster verschafft.
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Preisentwicklung schwierig einzuschätzen
Allein in den vergangenen zwei Wochen sind die Kraftstoffpreise nach Beobachtungen des ADAC im bundesweiten Schnitt bereits wieder um 6,8 Cent beim Superbenzin E10 und um 15 Cent beim Diesel gestiegen. Die Höhe der Kraftstoffpreise sei nicht allein durch die Entwicklung des Euro-Dollar-Wechselkurses und der Rohölpreise nachvollziehbar. Allein aus möglicherweise knappen Raffineriekapazitäten und höheren Transportkosten könne der Preis nicht erklärt werden, berichtet ADAC-Ressortleiter Verkehr, Stefan Gerwens. Er rechnet jedoch nicht mit abrupten Preissteigerungen am ersten Tag nach dem Auslaufen des Tankrabatts. Denn noch hätten die Tankstellen sich mit steuergünstigen Kraftstoff eindecken können. Die mittelfristige Preisentwicklung sei schwierig einzuschätzen. Der Diesel-Preis werde voraussichtlich stärker steigen als der Benzinpreis. Denn viele Industriebetriebe würden ihre Gas-Versorgung soweit möglich auf Heizöl umstellen, welches ein ähnliches Produkt wie Diesel ist.
„Die Mineralölindustrie muss die Spielräume für niedrigere Spritpreise nutzen“, betont ADAC-Verkehrspräsident Hillebrand. Mit besonderer Spannung wartet der ADAC auf die Untersuchung des Kraftstoffmarktes durch das Bundeskartellamt. Dabei werde sich zeigen, wie der Preis zustande komme und wie der Wettbewerb gestärkt werden könne. Aber auch der Autofahrer könne allein durch den Preisvergleich beim Tanken oft zweistellige Cent-Beträge je Liter sparen.