Aufatmen in Rüsselsheim: Aus von Segula abgewendet

Eine klare Botschaft haben die Segula-Beschäftigten, die vor dem Hauptgebäude in Rüsselsheim gegen einen möglichen Abbau von bis zu einem Drittel der Stellen protestiert haben.
© Volker Dziemballa (VF)

Ob Segula in Rüsselsheim dicht macht, stand wohl auf des Messers Schneide. Nun bekommt der Standort „eine neue Chance”. Wir zeigen, wie viele Mitarbeiter dennoch gehen müssen.

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Rüsselsheim. Bei Segula in Rüsselsheim drohten offenbar die Lichter auszugehen. Darauf lässt eine Mitteilung der IG Metall Darmstadt vom Freitag schließen. „Nach vielen Verhandlungsrunden steht das Ergebnis fest: Segula bekommt noch eine Chance. In einer harten Restrukturierung wurden die Weichen für den Entwicklungsdienstleister noch einmal neu gestellt“, heißt es darin.

Warum kündigte Segula neue Einschnitte an?

2000 Opelaner sollten 2019 aus dem Opel-Entwicklungszentrum zu Segula in die direkte Nachbarschaft auf dem Opel-Areal wechseln. Am Ende waren es gut 700. Doch bereits rund ein Jahr nach dem Start in Rüsselsheim kam das Management mit ersten Plänen zum Stellenabbau um die Ecke. Am Ende waren es gut 100 Arbeitsplätze, die gestrichen wurden. Doch damit war das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Denn Deutschland-Chef Holger Jené kündigte im April dieses Jahres neue „spürbare“ Einschnitte an.

„Mit der zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens kommen derzeit alle Testeinrichtungen auf den Prüfstand. Wir werden nicht alles behalten, was wir haben. Das wird abermals Stellen kosten, aber dann geht es in Richtung Wachstum“, sagte Jené seinerzeit. Konventionelle Testeinrichtungen gebe es zuhauf am Markt, „und wir müssten in einigen Bereichen in einem Verdrängungswettbewerb mit erheblichen Investitionen arbeiten, das ergibt keinen Sinn“.

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Segula Rüsselsheim kann derzeit offenbar nicht kostendeckend arbeiten. Die Neukunden-Gewinnung ist zäh und vom bislang mehr oder weniger einzigen Auftraggeber Stellantis/Opel kommen nicht genügend auskömmliche Aufträge. Es fehle schlicht Geld, was einen hohen Handlungsdruck erzeuge, ist zu hören. Die Rede ist von einem niedrigen bis mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Doch das Aus ist erst einmal abgewendet. Möglich gemacht hat das ein Deal: weniger Geld und mehr Arbeit gegen Sicherung von Arbeitsplätzen.

Es war ein schmerzhafter Prozess mit sehr begrenzten Optionen

DB
Daniel Bremm, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Darmstadt

Die zwischen Arbeitnehmervertretung und Management geschlossenen Vereinbarungen sehen laut IG Metall vor, „dass eine Mindestpersonalbemessung von 501 Beschäftigten am Standort Rüsselsheim abgesichert ist. Zusätzlich wird der tarifvertragliche Kündigungsschutz für diese Beschäftigten bis Dezember 2024 verlängert.“ Als Gegenleistung müssen die Mitarbeiter 2023 und 2024 Lohneinbußen von durchschnittlich zehn Prozent sowie bis zu 100 Stunden unbezahlte Mehrarbeit im Jahr hinnehmen. Sollte die Wende gelingen und Segula wieder Gewinne machen, „werden die Beschäftigten in Form einer Gewinnbeteiligung partizipieren“, so die Gewerkschaft.

Welche Vereinbarungen sind konkret getroffen worden?

Die „Mindestpersonalbemessung von 501 Beschäftigten“ bedeutet aber auch Personalabbau. Zwar weniger als befürchtet, aber immer noch deutlich. Den Angaben zufolge fallen statt 260 Stellen, die zunächst im Raum standen, nun 100 Arbeitsplätze weg. Die betroffenen Beschäftigten sind bereits in eine auf zwölf Monate ausgelegte Transfergesellschaft gewechselt, um, so die Gewerkschaft, „zeitnah wieder in Arbeit zu kommen“.

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Weitere 50 Mitarbeiter sollen sie mithilfe der Arbeitsagentur für Zukunftsthemen wie E-Mobilität weitergebildet und qualifiziert werden – mit dem Ziel, für sie neue Stellen bei Segula zu finden. „Es war ein schmerzhafter Prozess mit sehr begrenzten Optionen, uns war aber wichtig, den Versuch zu unternehmen, möglichst viele Beschäftigte zu halten und Entgeltverluste so weit es geht zu begrenzen“, so Daniel Bremm, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Darmstadt.